SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach: Minister Rösler betreibt Himmelfahrtskommando
Archivmeldung vom 02.02.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat die indirekte Rücktrittsdrohung von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) als naiv bezeichnet. "Wenn er ernsthaft sein politisches Schicksal an die Einführung der Kopfpauschale knüpft, dann kann er auch gleich zurücktreten", sagte Lauterbach der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch-Ausgabe).
"Ich bin überrascht, dass er ein solches politisches Himmelfahrtskommando mit seiner persönlichen Schicksalsfrage verbindet." Rösler werde bei diesem System an drei Dingen scheitern. "Die Bürger wollen es nicht, ihm fehlt das Geld und selbst im eigenen Lager hat Rösler keine politische Mehrheit", so Lauterbach.
Das System Kopfpauschale sei gegen den Mehrheitswillen der Deutschen nicht durchsetzbar. "Die Bürger wollen nicht in Zeiten der Krise eine Entlastung der Gutverdiener und Arbeitgeber." Zudem sei Deutschland so verschuldet, dass weder der nötige Steuerzuschuss von 35 Milliarden Euro noch die Anschubfinanzierung von zehn Milliarden Euro realistisch sei. "Selbst bei CDU und CSU wächst die Erkenntnis, dass dieses System nicht durchsetzbar ist. Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir das ungerechte System Kopfpauschale in Deutschland erleben werden", so Lauterbach.
Durch seine Rücktrittsdrohung beeinträchtige er zudem seinen Verhandlungsspielraum in den angekündigten Gesprächen mit der Pharma-Lobby. "Er reduziert sein ohnehin geringes politisches Gewicht weiter", so Lauterbach. Er halte es ohnehin für wenig erfolgversprechend, wenn Rösler an den Sparwillen in der Pharmabranche appelliert. " Minister Rösler will ja jetzt die Pharmaindustrie um Sparvorschläge bitten. Das ist ziemlich abwegig, der Staat hat nicht als Bittsteller aufzutreten. Ich habe es zudem noch nie erlebt, dass aus der Pharmaindustrie eine Sparidee kam".
Echte Kostenersparnis sieht Lauterbach bei der Einführung einer Bürgerversicherung bei gleichzeitiger Reduzierung von Krankenkassen. "Wir brauchen höchstens 30 Kassen in Deutschland, bei der jeder, auch die Privatversicherte, versichert sind. Der Beitragssatz sollte simpel erhoben werden. Wer will, kann sich dann über eine Zusatzversicherung weiter absichern."
Quelle: Leipziger Volkszeitung