Experten: General Hars habe faktisch um Entlassung gebeten
Archivmeldung vom 24.03.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Zusammenhang mit der Behandlung der Kundus-Affäre in den Ruhestand versetzte Brigadegeneral Henning Hars habe seine Entlassung aus dem aktiven Dienst willentlich und demonstrativ selbst herbeigeführt.
Zu diesem Ergebnis kommen führende Dienstrechtsexperten der Bundesregierung nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch-Ausgabe) nach Bewertung des Generals-Schreiben vom 16. Dezember 2009 an den Minister.
"Das Schreiben kommt einer Bitte um Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gleich", so ein führender Beamtenrechtsexperte der Regierung gegenüber der Zeitung nach Lektüre des Schreibens. Als Grund dafür werden auch anderweitige Karrierepläne von General Hars genannt. Zugleich wurde bekannt, dass das Dienstverhältnis von Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan erst zum Jahresende beendet wurde. Als Grund gilt eine laufende zahnärztliche Behandlung.
In dem Brief, den die Zeitung im Wortlaut abdruckt, äußert der entlassene General des Wehrbereichskommando I Küste nicht nur allgemeine Zweifel am Vorgehen des Ministers, sondern er entzieht diesem faktisch "als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt das Maß an Vertrauen", das für die Erfüllung der notwendigen Aufgaben notwendig erscheine. "Sollten Sie allerdings bei einer Prüfung Ihrer Motive für Ihre diesbezüglichen Entscheidungen zu dem Ergebnis kommen, dass politische Opportunität die eigentliche Triebfeder Ihres Handelns war, empfehle ich, die der Bedeutung des Amtes entsprechenden Konsequenzen zu ziehen", rät General a.D. Hars seinem Minister. Für sämtliche Vorwürfe gegen die Generalität sei zu Guttenberg zudem "bedauerlicherweise eine Erklärung schuldig" geblieben.
Hars wurden in Militärkreisen bereits vor Wochen eigene Pläne außerhalb der Bundeswehr im Bereich der politischen Stiftungsarbeit nachgesagt. Regulär wäre General Hars demnächst für vier Monate in den Kosovo gegangen. Anschließend sollte er als Direktor im Bereich Lehre an die Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg wechseln.
Bereits Ende November hatte der Verteidigungsminister zu Guttenberg im Zusammenhang mit behaupteter vorenthaltener Akten die Dienstverhältnisse mit dem damaligen Staatssekretär Peter Wichert und mit Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan beendet. Während dabei Wichert Ende November mit sofortiger Wirkung in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden war, endete das Dienstverhältnis für Generalinspekteur Schneiderhan erst zum Jahresende 2009. Als Grund für die verzögerte Beendigung des Dienstverhältnisses des obersten Generals der Bundeswehr gilt, nach einem Bericht der Zeitung, eine laufende zahnärztliche Behandlung des Generals. In den Richtlinien für die zahnärztliche Versorgung von Soldaten der Bundeswehr des Ministeriums heißt es dazu: "Für alle zahnärztlichen Maßnahmen, die, unabhängig von ihrer Erfordernis, nach Beendigung der Dienstzeit einer Soldatin/eines Soldaten erbracht werden, ist eine Kostenübernahme zu Lasten des Bundes durch die Bundeswehr ausgeschlossen." Innerhalb der Vertretungsorgane der Truppe ist in diesem Zusammenhang bereits von dem Verdacht auf eine "Lex Schneiderhan" die Rede. Bei einem normalen Oberfeldwebel kenne der Bund bei Dienstzeitende während einer laufenden Behandlung "keine Rücksicht", aber bei jemandem aus der Besoldungsgruppe B 11 werde einfach die Dienstzeit verlängert, kritisierte ein zuständiger Verbandsvertreter gegenüber der Zeitung.
Quelle: Leipziger Volkszeitung