Bundesrat will Dieselstinker mit grüner Plakette aufwerten
Archivmeldung vom 15.10.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer heutige Beschluss des Bundesrates zur Kennzeichnung rußarmer Fahrzeuge bedeutet nach Überzeugung der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) eine "vorsätzliche Verbrauchertäuschung zur Absatzförderung gesundheitsschädlicher Rußfahrzeu-ge", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH).
Alle derzeit im Handel angebotenen Neuwagen,
ob mit oder ohne Rußfilterung, sollen hiernach die „grüne Plakette“
erhalten. Nachdem der Verband der Automobilindustrie (VDA) bereits
erfolgreich eine aufkommensneutrale finanzielle Förderung des
Partikelfilters blockiert hat, soll nun mit der Verhinderung einer
gesonderten Kennzeichnung rußfreier Fahrzeuge der Absatz von
Dieselstinkern auch für die Zukunft abgesichert werden.
Die DUH verwies auf positive Erfahrungen einer konsequenten
Plaketten-Regelung bei der Einführung des Dreiwege-Katalysators Ende
der 80er Jahre. Damals erhielten nur Fahrzeuge mit einem geregelten
Kat die Plakette für „allzeit freie Fahrt“. Innerhalb kürzester Zeit
setzte sich diese Technologie daraufhin als „Stand der Technik“
durch, viele Jahre bevor sie rechtlich verbindlich wurde. Nach der
ursprünglich geplanten Kennzeichnungsverordnung der Bundesregierung
sollten nur Fahrzeuge, die die höchste Abgasnorm (EURO 5 für Pkw und
EURO VI für Nutzfahrzeuge) erfüllen, eine grüne Plakette erhalten.
Dagegen lief die Automobilindustrie Sturm.
„Die Bundesregierung muss den Ländervorstoß für eine
Verbrauchertäuschungs-Verordnung ablehnen und statt dessen die im
Sommer 2005 vorbereitete Verordnung im Bundesrat einbringen", fordert
Resch. „Ansonsten degradiert sie sich zum Vollstrecker des VDA und
des Wolfsburger Autobau- und Politikberatungsunternehmens Volkswagen
AG.“
Die Blockade einer gesonderte Kennzeichnung „sauberer“
Dieselfahrzeuge mache nur Sinn für Unternehmen wie VW, smart oder
Marken wie Chrysler, die nach wie vor über 95% ihrer Dieselfahrzeuge
ohne Partikelfilter verkaufen, erklärte Resch. Recherchen der
Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) ergaben darüber hinaus, dass diese
Autobauer – entgegen anders lautenden Verlautbarungen – weiter
Neufahrzeuge in großem Umfang ohne Partikelfilter verkaufen wollen.
Neben den Verweigerern Volkswagen, Skoda und Seat will der Daim
lerChrysler Konzern auch den Stadtwagen Smart ab 2006 nur mit einem
so genannten PM-Kat ausrüsten und nicht, wie vom damaligen
Konzernchef Jürgen Schrempp im März 2005 versprochen, mit einem
vollwertigen Rußfilter. Den finanziellen Einspareffekt für
DaimlerChrysler beziffert die DUH auf lächerliche 50 Euro pro
Fahrzeug.
Auch bei Bussen planen MAN sowie Mercedes-Benz zukünftig, auf
Rußfilter zu verzichten. Während heute schon über die Hälfte der von
Mercedes-Benz verkauften Busse mit Partikelfiltern ausgestattet sind,
sollen diese ab 2006 keine Filter mehr erhalten. Für die DUH ist das
ein massiver Rückschritt. Zwar erfüllten die Busse dann die neuen
Grenzwerte für Nutzfahrzeuge (EuroIV/V) und erreichen geringere
Stickstoffoxidemissionen. „Aber der Preis für Umwelt und Gesundheit
ist trotzdem unverantwortlich. In den Bussen einer neuen Generati-on
wird aus reinen Kostengründen auf hochwirksame Rußpartikelfilter
verzichtet, die es vorher schon gegeben hat“, sagte Resch. „Im
Ergebnis steigen die Partikelemissionen um das Vier- bis Fünffache
gegenüber der aktuellen Technik.“
Mit der zuerst im Bundeskabinett von Innenminister Schily und
jetzt vom Bundesrat unter dem Einfluss der Automobilindustrie
gestoppten ursprünglichen Plaketten-Verordnung wären sowohl der
Mogel-Smart als auch die MAN- und Mercedes-Rußbusse schwer
verkäuflich gewesen. Beide hätten mit der stigmatisierenden gelben
Plakette ("bedingt schadstoffarm") gekennzeichnet werden müssen. Die
grüne Plakette wäre nach dem ursprünglichen Verordnungsentwurf von
Umweltminister Trittin den wirklich sauberen Dieselfahrzeuge
vorbehalten geblieben, wie in den 80er Jahren erfolgreich bei der
Einführung des geregelten Katalysators praktiziert.
Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e.V.