Knaus: Koalitionsvertrag keine Garantie für "Migrationswende"
Auch nach der Einigung von Union und SPD auf den Koalitionsvertrag ist es aus Sicht des Migrationsexperten Gerald Knaus völlig offen, ob die versprochene Wende in der Migrationspolitik gelingen wird.
"Nach dem Koalitionsvertrag ist vor dem Koalitionsvertrag. Es wurde eine
Tür zu einer Migrationswende geöffnet, aber ob die EU und Deutschland
durch diese Tür gehen werden, hängt ganz davon ab, wie klug und
fokussiert die Regierung nun vorgeht", sagte Knaus der "Rheinischen
Post" (Freitagsausgabe). "Es liegt am Innenministerium und Kanzleramt."
Das
vielleicht Wichtigste an diesem Vertrag sei ein unscheinbarer Satz,
sagte der österreichische Migrationsforscher mit Verweis auf die
folgende Passage: "Auf europäischer Ebene ergreifen wir mit Blick auf
Debatten um das Konzept der Sicheren Drittstaaten eine Initiative zur
Streichung des Verbindungselements, um Rückführungen und Verbringungen
zu ermöglichen." Knaus dazu: "Das klingt technisch. Es ist aber - wenn
es bald mit deutscher Unterstützung zu einer Änderung im EU-Recht führt -
der Schlüssel für eine humane Kontrolle irregulärer Migration an den
Außengrenzen der EU durch sichere Drittstaatsabkommen. Ohne diese
Änderung wird die große europäische Asylreform nämlich sicher
scheitern."
Mit Blick auf die Zurückweisungen an den Grenzen, die
Union und SPD "in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn" auch
bei Asylgesuchen vornehmen wollen, sagte Knaus: "Was die Koalition mit
'Abstimmung' meint, ist nicht klar. Offensichtlich aber ist, dass ohne
Kooperation der Nachbarn jeder Versuch, irreguläre Migration an den
deutschen Binnengrenzen zu stoppen, scheitern wird. Und es wäre nicht
gut, würde die Regierung mit einem Misserfolg beginnen."
Knaus
sagte auch, dass Deutschland heute ein "attraktives Einwanderungsland"
sei. "Ob es das bleibt, hängt neben einer erfolgreichen Wirtschaft vor
allem davon ab, ob es ein liberaler Rechtsstaat bleibt, oder ob, wie in
den USA gerade geschehen, eine rechtsextreme Regierung an die Macht
kommen wird, die den Rechtsstaat zu zerstören versucht", so der
Migrationsexperte weiter.
Quelle: dts Nachrichtenagentur