Ex-Arbeitsagenturchef Florian Gerster: "Hartz IV soll krasse Armut verhindern und tut dies auch"
Archivmeldung vom 14.01.2016
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittAngemessen oder armselig? Zum 1. Januar wurde der Hartz IV-Satz um fünf Euro von 399 Euro auf 404 Euro erhöht. Der ehemalige Chef der Bundesagentur für Arbeit, Florian Gerster, verteidigte bei stern TV die Höhe des Hartz-IV-Satzes: "Hartz IV soll nicht wehtun, aber es ist eine Mindestsicherung, die krasse Armut verhindern soll. Und krasse Armut wird verhindert." Den Hartz-IV-Satz hält er für knapp, aber gerecht - denn wichtig sei, so Gerster, dass der, der arbeite, mehr Geld habe als der, der nicht arbeite.
Ganz anderer Meinung war im stern TV-Streitgespräch mit Gerster Werner Hesse vom Paritätischen Gesamtverband: "Es geht nicht darum, krasse Armut zu verhindern, sondern ein Leben zu ermöglichen, das der Menschenwürde entspricht." Hesse hält den Hartz-IV-Satz für deutlich zu gering und beklagte vor allem, dass bei der Regelsatzberechnung nicht mehr wie früher die unteren 20 Prozent der Einkommensgruppen herangezogen würden, sondern die unteren 15 Prozent. "Man hat einfach eine Vergleichsgruppe genommen, die ärmer ist. Das allein macht schon mal 20 Euro weniger im Monat aus." Zudem seien Positionen rausgerechnet oder gar nicht erst berücksichtigt worden - wie beispielsweise Geld für Tabak oder Alkohol. "Ein Hartz-IV-Empfänger kann heute nicht mal zu einer Geburtstagsfeier gehen, weil er kein Geld für ein Gastgeschenk wie eine Flasche Wein oder ein paar Blumen hat."
Auch an dieser Stelle vertritt Gerster einen anderen Standpunkt. "Es kann nicht die Aufgabe des Staates sein, Alkohol und Tabak zu finanzieren."
Quelle: STERN TV (ots)