Koalition will Arbeitgeber an höheren Gesundheitskosten beteiligen
Archivmeldung vom 29.11.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie große Koalition will die steigenden Kosten im Gesundheitssystem langfristig wieder zu gleichen Teilen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern bezahlen lassen. "Eine solche Regelung ist in einer Protokollnotiz des Koalitionsvertrages festgehalten", sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach der "Süddeutschen Zeitung". Die Parteichefs von SPD, CDU und CSU hätten dieser Vereinbarung zugestimmt. Mit ihr werde der alleine von Arbeitnehmern finanzierte Teil der Ausgaben gedeckelt. Streit gibt es aber darüber, wie genau dies geschehen soll.
Die SPD hatte im Wahlkampf damit geworben, die sogenannte Parität - also die hälftige Teilung - bei den Beiträgen für die Krankenkasse wiederherzustellen. Vom derzeitigen Beitragssatz von 15,5 Prozent vom Brutto übernehmen die Arbeitgeber lediglich 7,3 Punkte, die Arbeitnehmer zahlen 8,2 Punkte. Dass die SPD diese vertrauliche Neben-Vereinbarung nun öffentlich macht, zeigt, wie sehr sie um die Zustimmung ihrer Mitglieder zum Koalitionsvertrag bemüht ist.
Union und SPD wollen den Zusatzbeitrag zur Finanzierung der Krankenkassen alsbald wieder abzuschaffen. Derzeit muss eine Kasse diese Abgabe erheben, wenn sie nicht mit den Mitteln aus dem Gesundheitsfonds auskommt. Union und SPD wollen das Verfahren völlig umstellen. Fehlt einer Kasse in Zukunft Geld, kann sie dann einfach den prozentualen Beitragssatz anheben. Sie würde beispielsweise statt 15,5 Prozent 16,5 Prozent fordern. Diese Beitragssteigerung muss dann aber alleine von den Arbeitnehmern bezahlt werden. Dies soll nach Lauterbachs Worten wohl nur bis zu einem festgelegten Punkt geschehen.
"Es ist der Eindruck entstanden, dass die Arbeitnehmer die künftigen Kostensteigerungen alleine tragen müssen", sagte Lauterbach. "Das ist nicht richtig." Stattdessen hätten Union und SPD vereinbart, einen Deckel einzuziehen. Dieser werde voraussichtlich aber nicht mehr in dieser Legislaturperiode zum Tragen kommen, sondern erst in der nächsten. "Langfristig sind die Arbeitgeber nicht vom Kostenanstieg ausgenommen."
Offenbar gehen aber die Interpretationen des vereinbarten Mechanismus auseinander. Nach Lauterbachs Worten kommt ein Modell in Frage, wonach die Gesundheitskosten langfristig zu etwa 80 Prozent paritätisch getragen werden und die übrigen 20 Prozent von Steuerzahlern und Arbeitnehmern. Steigt der Solo-Anteil der Arbeitnehmer über 20 Prozent, soll der allgemeine Beitragssatz ebenfalls steigen, um das Verhältnis wieder herzustellen. "Grob überschlagen, gehe ich davon aus, dass der paritätische Beitragssatz ab 2018 wieder steigt", sagte der SPD-Politiker.
In der Union wurde Lauterbachs Vorstoß mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. Aus dem Wortlaut der Erklärung ergebe sich, dass der Bundeszuschuss dem paritätisch finanzierten Teil zugerechnet werden müsse. Diese Auslegung der Regelung würde die Arbeitgeber erst viel später belasten. Zudem wurde der Wert der Vereinbarung in Unionskreisen heruntergespielt: "Das ist weiße Salbe für geschundene SPD-Seelen. Ohne Folgen für die Laufzeit dieser Koalition."
Der Zuschuss soll im kommenden Jahr 10,5 Milliarden Euro betragen. Die von den Arbeitnehmern allein bezahlten Beiträge haben ein Volumen von 9,5 Milliarden Euro. Zusammen ergibt das 20 Milliarden Euro. Die Ausgaben werden bei knapp 200 Milliarden Euro liegen.
Quelle: dts Nachrichtenagentur