Leutheusser-Schnarrenberger zum BND-Urteil: "Grundsatzentscheidung im Kampf gegen die digitale Massenüberwachung"
Archivmeldung vom 19.05.2020
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Freigeschaltet durch André OttZum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung nach dem BND-Gesetz erklärt Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, stellv. Vorstandsvorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und Bundesjustizministerin a. D.: "Wieder einmal muss das Bundesverfassungsgericht zum Schutz unserer Grundrechte eingreifen und der Regierung auf die Finger schlagen."
Leutheusser-Schnarrenberger weiter: "Auch sieben Jahre nach den Enthüllungen von Edward Snowden und einer gerade erst im Jahr 2017 durchgeführten Reform des BND-Gesetzes arbeitet unser Auslandsgeheimdienst immer noch nicht grundrechtskonform. Die Überwachung der Telekommunikation von Ausländern im Ausland durch den Bundesnachrichtendienst (BND) verletzt nicht nur das Telekommunikationsgeheimnis (Art. 10 Abs. 1 GG), sondern auch die Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG).
Die Karlsruher Richter weisen damit nicht nur die bisherige Überwachungspraxis des BND, die insbesondere Investigativjournalisten bedrohte, in die verfassungsrechtlichen Schranken. Sie erteilen auch dem Gesetzgeber eine kräftige Ohrfeige: Die Geltung der Grundrechte ist nicht nur auf das deutsche Staatsgebiet beschränkt. Die deutsche Staatsgewalt ist auch im Ausland gegenüber Ausländern an das Telekommunikationsgeheimnis und die Pressefreiheit gebunden. Dieser Verantwortung kann sie sich nicht einfach mit der Behauptung entziehen hier seien nur Deutschengrundrechte berührt.
Das Urteil stärkt damit nicht nur die Pressefreiheit und Privatsphäre. Sie ist auch eine Grundsatzentscheidung im Kampf gegen die digitale Massenüberwachung. Die Betonung der exterritorialen Bindung der Grundrechte ist dabei ein Manifest für ihre Universalität und Unteilbarkeit."
Quelle: Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (ots)