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Steuerexperte kritisiert "raffiniert kalkulierten Koalitionsvertragsbruch"

Archivmeldung vom 04.09.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.09.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de
Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

"Wohlstand für alle" versprachen CDU/CSU und FDP im aktuellen Koalitionsvertrag. Unter dem Abschnitt "Steuervereinfachung" vereinbarten die Regierungsparteien unter anderem die Wiedereinführung des von Rot/Grün gestrichenen steuerlichen Abzugs privater Steuerberatungskosten. Der Steuerberater Jürgen Ortmüller aus Hagen/Westfalen konfrontierte die Mitunterzeichner des Vertrages Angela Merkel (CDU),Volker Kauder (CDU/CSU-Fraktionschef) und Guido Westerwelle (FDP) jetzt mit dem nicht eingehaltenen Vertragsversprechen.

Der Steuerexperte wirft der Regierung vor, dass aufgrund der Kompliziertheit des Steuerrechts nur jeder Dritte eine Einkommen-Steuererklärung abgäbe und der Staat dadurch jedes Jahr rund eine Milliarde Euro Steuererstattung einsparen würde. Nach Angaben der Statistischen Bundesamtes würden 90 Prozent der abgegebenen Steuererklärungen zu einer Erstattung von durchschnittlich 823 Euro führen.

Ortmüller: "Als Ergebnis des steuerlichen Nichtabzugs privater Steuerberatungskosten verzichten viele Steuerzahler auf die versierte Hilfe von zugelassenen Experten beim Ausfüllen ihrer Steuererklärung. Dabei schleichen sich oft Fehler mangels Kenntnis von Steuervorteilen zugunsten des Staates ein. Wer gar keine freiwillige Erklärung abgibt, verschenkt meist mehr Geld, als er für die Hilfeleistung beim Steuerexperten bezahlen würde."

Der Hagener Steuerberater wirft den Koalitionspartnern in einem Schreiben "Vertragsbruch" vor. Volker Wissing, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP und finanzpolitischer Sprecher, antwortete dem Steuerexperten: "Ich stimme mit Ihnen überein, dass das deutsche Steuerrecht komplizierte und umfangreiche Regelungen enthält. Viele Menschen können ihre private Steuererklärung oftmals nicht ohne Mühe oder fremde Hilfe anfertigen." Die benötigten Spielräume im Bundeshaushalt würden aber erst 2014 eine Vereinfachung der Steuersystems und eine Bürgerentlastung in Aussicht stellen, so der FDP-Sprecher.

Die CDU-Bundesgeschäftsstelle bestätigte in einem Antwortschreiben die Koalitionsvereinbarung. "Aufgrund der zu erwartenden Steuermindereinnahmen von etwa 400 Millionen Euro pro Jahr ist das Vorhaben wegen des vordringlichen Ziels einer Haushaltskonsolidierung aber nicht darstellbar", so die CDU im Namen ihrer Vorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Volker Kauder, CDU/CSU-Fraktions-Chef: "In den vergangenen Jahren sind uns keine Klagen zu Ohren gekommen und wir haben keine Erkenntnisse erhalten, die auf übermäßige negative Folgen der fehlenden Abzugsfähigkeit für die Steuerberatungskosten hingewiesen hätten." Außerdem verweist Kauder auf die schwierigen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat "die eine Umsetzung des Vorhabens auf absehbare Zeit so gut wie unmöglich machen".

Ortmüller: "Das sind alles Schutzbehauptungen, die einen Vertragsbruch nicht rechtfertigen. Der Dumme ist mal wieder der Steuerzahler. Der Staat spart eine Milliarde Euro durch die Nichtabgabe freiwilliger Steuererklärungen und 400 Millionen Euro durch die Streichung der Abzugsfähigkeit der privaten Steuerberatungskosten. Das ist ein raffiniert kalkuliertes Geschäft der Regierungskoalition, aufgebaut auf einer Vertragslüge, mit der man Wählerstimmen angeln wollte."

Quelle: Steuerberater Jürgen Ortmüller (ots)

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