Spahn geht von tausenden Toten wegen fehlender Spenderorgane aus
Archivmeldung vom 13.01.2020
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Freigeschaltet durch André OttLaut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist die Zahl der Todesfälle aufgrund eines Mangels an Spenderorganen deutlich höher als bislang angenommen. "Mehrere tausend Patienten verlieren in Deutschland jedes Jahr aufgrund fehlender Spenderorgane ihr Leben", sagte Spahn der "Bild am Sonntag".
Denn dazu zählten nicht nur die, die bereits auf der Warteliste für ein Spenderorgan stünden, aber nicht rechtzeitig eine Spende erhielten (2018 starben 901 Warteliste-Patienten). "Dazu kommen diejenigen, die gar nicht erst auf der Liste aufgenommen werden, weil sie ohnehin kaum Chancen auf ein Spenderorgan haben", sagte Spahn. "Und außerdem diejenigen, die nach langem Warten so krank geworden sind, dass sie wieder abgemeldet werden. Das ist eine humanitäre Katastrophe."
Am Donnerstag stimmt der Bundestag über einen Gesetzentwurf von Spahn ab, mit dem die Zahl der Organspenden erhöht werden soll. Dieser sieht vor, dass jeder ab 16 Jahren potenzieller Organspender sein soll, wenn er vorher nicht widersprochen oder seine Ablehnung gegenüber Angehörigen zum Ausdruck gebracht hat. "Die Bereitschaft zur Organspende ist gelebte Nächstenliebe", sagte Spahn der Sonntagszeitung. "Jeder würde sich doch wünschen, dass ihm oder seinen Angehörigen geholfen wird, wenn er ein Spenderorgan benötigt. Dann können wir auch erwarten, dass sich jeder damit auseinandersetzt, ob er selber potenzieller Organspender sein will oder nicht."
Anders sieht dies Linken-Chefin Katja Kipping, die gemeinsam mit Grünen-Chefin Annalena Baerbock einen Gegenentwurf eingebracht hat. "Die Widerspruchsreglung ersetzt die bewusste und informierte Zustimmung durch eine sogenannte `fiktive Zustimmung`, die einfach angenommen wird, sobald kein dokumentierter Widerspruch aufgefunden wird", sagte Kipping der "Bild am Sonntag". Ein solches Verfahren lade zu Misstrauen und weiteren Ängsten ein und schade so dem Vertrauen in das Organspendesystem. Auch FDP-Chef Christian Lindner ist gegen die Widerspruchslösung. Der Sonntagszeitung sagte er: "Ich habe einen Organspendeausweis und werbe dafür, dass sich mehr Menschen zu einer Organspende bereit erklären. Dies ist allerdings eine höchst persönliche Entscheidung, die bewusst getroffen werden sollte."
Die Menschen sollten stattdessen regelmäßig nach ihrer Spendenbereitschaft gefragt werden und daran erinnert werden, ihre Entscheidung in einem Spender-Register zu dokumentieren. Die Deutschen sind laut einer Kantar-Umfrage im Auftrag der "Bild am Sonntag" beim Thema gespalten. 49 Prozent sind der Meinung, dass Organspenden nur erlaubt sein sollten, wenn der Verstorbene sich zu Lebzeiten eindeutig dafür ausgesprochen hat. Ebenfalls 49 Prozent finden hingegen, dass es reicht, wenn sich der Verstorbene zu Lebzeiten nicht ausdrücklich dagegen ausgesprochen hat. Bei den Frauen findet sich eine Mehrheit von 55 Prozent für die Widerspruchslösung, Männer ziehen zu 57 Prozent die bisherige Lösung vor.
Quelle: dts Nachrichtenagentur