Kölner Staatsrechtler Rixen fordert Rechtsgrundlage für Aufarbeitung von Missbrauch: Scharfe Kritik an "Abschottung" gegen Aufarbeitung im Erzbistum Köln
Archivmeldung vom 08.02.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithDer Kölner Staatsrechtsprofessor Stephan Rixen fordert eine sichere Rechtsgrundlage für die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen. "Es geht hier um eine Aufgabe auf Dauer", sagte Rixen dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch-Ausgabe). Das spreche für eine auf Dauer angelegte Rechtsgrundlage - auch für das Amt der Unabhängigen Beauftragten des Bundes (UBSKM), für die Arbeit der Aufarbeitungskommission, vor allem aber für die Betroffenen und deren Recht auf Aufarbeitung. Hier gehe es nicht nur um Fragen wie den Umgang mit Akten, sondern auch um verbindliche Hilfsangebote im Rahmen der Aufarbeitung - von Rechtsberatung bis hin zu psychologischer Begleitung.
Rixen ist seit dem 30. Januar Mitglied der "Unabhängigen Kommission zur Aufklärung sexuellen Kindesmissbrauchs", die bei der UBSKM angesiedelt ist.
Bei einem Problem, das unbestreitbar das ganze Gemeinwesen angehe, könne der Impuls zur Aufarbeitung von nirgendwo anders kommen als vom Staat - und das heiße, von den Parlamenten, so Rixen weiter. "Ich setze auf den lernenden Staat, der auf ein erkanntes Problem mit dem Willen zur Besserung reagiert."
Rixen bekräftigte seine Bedenken, die ihn im Dezember 2022 zum Austritt aus der Aufarbeitungskommission des Erzbistums Köln veranlasst hatten. Das Land Land Nordrhein-Westfalen hatte ihn im Juni 2022 in das Gremium entsandt. Er sprach von "unsichtbaren Mauern", hinter denen sich die Führung des Erzbistums unter Kardinal Rainer Woelki gegen Aufarbeitung abschotte. "Wenn es vom Ermessen des Bischofs oder anderer kirchlich Verantwortlicher abhängt, was sich eine Kommission anschauen oder welche Fragen sie stellen darf und welche Fragen unbeantwortet bleiben, dann empfinde ich das als Mauer. Und wenn kritische Fragen an die Leitungsebene offenbar schnell als Majestätsbeleidigung gelten, dann kommt oben auf diese Mauer noch der krönende Zinnenkranz."
Mit Blick auf die finanzielle Entschädigung von Missbrauchsopfern gab Rixen seiner Hoffnung auf deutlich höhere Schmerzensgelder Ausdruck. Verantwortungsübernahme sei nur glaubwürdig, "wenn sie spürbare Folgen hat, etwas kostet, weh tut", so Rixen. "Institutionen haben sozusagen nur ein Schmerzempfinden und kommen erst auf Trab, wenn es ans Geld geht." Die bisherigen Zahlungen etwa im Bereich der Kirche hätten "nicht im Geringsten einen solchen Effekt", zumal es sich um freiwillige Leistungen handele.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)