SPD-Linke kritisieren ersten Kompromiss im Gesundheitsstreit
Archivmeldung vom 04.10.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittPolitiker der SPD haben einen ersten Kompromiss der Fachpolitiker zur Gesundheitsreform heftig kritisiert. Die Einigung, wonach Risiken für die ungleiche Verteilung Kranker bei den Kassen nur teilweise ausgeglichen werden sollen, sei "nicht akzeptabel", sagte die SPD-Linke Andrea Nahles dem Berliner "Tagesspiegel".
Die Arbeitsgruppe der Koalition habe den von der
SPD angestrebten umfassenden Risikostrukturausgleich (RSA) nach
Krankheitsbildern zwischen den Krankenkassen bis zur Unkenntlichkeit
verwässert. "Wer nur 50 kostenträchtige Krankheiten zur Grundlage des
Finanzausgleichs macht, halbiert das Umverteilungsvolumen. Das kann
nicht angehen. Für die SPD ist der RSA ein genauso zentraler Punkt
wie die Ein-Prozent-Regelung." Das Ergebnis sei auch deshalb "höchst
ärgerlich", weil SPD-Chef Kurt Beck und Gesundheitsministerin Ulla
Schmidt (SPD) in der Vergangenheit stets die Position vertreten
hätten, ein umfassender RSA sei Bedingung für das Ja der SPD zum
Gesundheitsfonds.
Der SPD-Experte Karl Lauterbach sagte dem "Tagesspiegel", dass man
einen derart gestutzten Gesundheitsfonds im Ausland "nirgendwo
blamagefrei vorstellen" könne. Was CDU und CSU durchgesetzt hätten,
sei "Politik vom schlechtesten". Bei einem Finanzausgleich für nur 50
Krankheiten entstehe die Gefahr, dass Patienten mit seltenen schweren
Krankheiten, die nicht auf der Liste stehen, von den Kassen
vernachlässigt werden. Aber offenbar sei das Ziel der Union ein
politisches. Ärmere Kassen wie die AOKen sollten "weniger Geld
bekommen als sie benötigen, um sie dadurch zur Erhebung einer höheren
Kopfpauschale zu zwingen".
Der frühere Vorstandschef der Barmer Ersatzkasse, Eckart Fiedler, nannte den Kompromiss "wirklich enttäuschend". Man könne darüber, dass es nun doch keinen vollen Ausgleich für die unterschiedlichen Krankheitsrisiken der Kassen gebe, "nur den Kopf schütteln". Ziel der Reform dürfe es nicht sein, den Wettbewerb um gesunde Gutverdiener wieder anzuheizen, sagte Fiedler dem "Tagesspiegel". "Wir brauchen einen Wettbewerb um Effizienz nicht um Risikoselektion."
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel