Arbeitsmarkt-Experten der Bundestagsfraktionen wollen "Hartz-Gesetze" los werden
Archivmeldung vom 13.01.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 13.01.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittUnmittelbar vor Prozessbeginn in Sachen VW-Affäre gegen Peter Hartz, Ex-Personalchef des Wolfsburger Automobilkonzerns, wollen Arbeits- und Sozialexperten der Bundestagsfraktionen die so genannten "Hartz"-Reformen los werden. Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung haben sie ihr Unbehagen mit Hartz als inoffiziellen Namensgeber geäußert.
Unions-Experte Uwe Schummer
sagte: "Hartz ist vorbei. Die Hartz-Instrumente sind fast komplett
gescheitert. Die Sozialdemokraten sollen sich von der Hartz-Erbschaft
ganz trennen, damit die wirklich sinnvolle Reform für den
Arbeitsmarkt neu gestartet werden kann."
Brigitte Pothmer, Grünen-Expertin, meinte: "Die Hartz-Gesetze
waren eine typische Inszenierung Schröders. Jetzt ist Herr Hartz zur
Unperson geworden, das prägt die Gesetze noch negativer."
FDP-Generalsekretär Dirk Niebel kritisierte: "Es gehört zum Erbe der
Schröder-Fischer-Zeit, dass diese halbfertigen Reformgesetze mit dem
Namen des Kanzlerfreundes und Gesetzesentwickler Hartz verbunden
bleiben." Der Volksmund suche sich das Richtige heraus, dagegen
würde nicht einmal eine Volksabstimmung helfen. Für "Die Linke" hob
deren Arbeitsmarktexperte Werner Dreibus hervor: "Durch die
Hartz-Gesetze, insbesondere Hartz IV, hat sich die Situation
Millionen Arbeitsloser und ihrer Familien massiv verschlechtert."
Statt mehr Menschen in Arbeit zu bringen, gebe es inzwischen rund
sieben Millionen Bezieher/innen von Hartz IV: "Deshalb spreche ich
nicht von Hartz-Gesetzen, sondern von ,Schröders Armutsgesetzen
I-IV'."
Klaus Brandner, SPD-Arbeitsmarktexperte, wies darauf hin, dass nur
der Volksmund von Hartz-Gesetzen spräche, deshalb könne man
"offiziell gar nichts umbenennen", so Brandner. "Was
umgangssprachlich so benannt wird, heißt in Wirklichkeit ,Gesetze für
moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt'. Und die Politik kann den
Menschen doch nicht vorschreiben, wie sie Gesetze betiteln."
Unabhängig vom Fortgang der so genannten Hartz-Reformen stellt
sich die SPD, nach dem Bericht der Zeitung, darauf ein, dass die
Unionsparteien den auch von der CSU mit gestützten
CDU-Parteitags-Vorstoß zur verbesserten Leistung beim
Arbeitslosengeld I "Ende Januar still und leise beerdigen werden".
Aus Kreisen der SPD-Fraktionsführung im Bundestag wurde der Zeitung
bestätigt: "Entgegen den Ankündigungen kurz vor dem Jahreswechsel hat
die Union bei der Koalitionsrunde am vergangenen Mittwoch keinerlei
durchgerechnetes Modell zur Umsetzung der ,Rüttgers-Pläne'
vorgelegt." Sollte die Union beim nächsten Koalitionsgipfel am 29.
Januar erneut kein finanziell solides Umsetzungsmodell vorlegen,
"dann soll die Union erklären: Unsere Idee ist beerdigt". Das wäre
"ein lobenswerter Beitrag zur Stärkung des Koalitionsfriedens", hieß
es ergänzend aus der SPD.
Auf Initiative von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers hatte die Union Ende 2006 beschlossen, in der Koalition eine verlängerte Zahlung von Arbeitslosengeld I für ältere Arbeitnehmer durchzusetzen. Die SPD hatte dies grundsätzlich abgelehnt, aber zugleich ein kostenneutrales, durchgerechnetes Modell seitens der Union verlangt, sollte der Koalitionspartner seine Idee dennoch weiterverfolgen wollen. Termin für die Vorlage eines solchen Modells war eigentlich der vergangene Mittwoch in der Koalitionsspitze gewesen.
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung