Ex-Vorstände der Bundesagentur für Arbeit kritisieren Bürgergeld
Archivmeldung vom 20.07.2024
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 20.07.2024 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Sanjo BabićDie früheren Vorstandsmitglieder der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise und Heinrich Alt, beklagen schwerwiegende Probleme beim Bürgergeld.
"Es gibt in Deutschland 260.000 junge Menschen zwischen 25 und 45, die
seit längerer Zeit nicht arbeiten, obwohl sie alle Kriterien für
Erwerbstätigkeit erfüllen", sagte Weise dem "Spiegel". "Das ist in
dieser Dimension nicht hinnehmbar." Weise war von 2004 bis 2017 Chef der
Bundesagentur für Arbeit.
"Die Jobcenter sind wie gelähmt von
Bürokratie", sagte er. "Das System ist völlig intransparent. Es ist
nicht mehr steuerbar." Gemeinsam mit Alt schlage er vor, die Jobcenter
zu entlasten.
Alt, der zwischen 2002 und 2015 im Vorstand der
Bundesagentur war, sagte, das Bürgergeld habe "ein Akzeptanzproblem".
Wer arbeite, aber wenig verdiene, frage sich: "Was bekommt ein
Bürgergeld-Empfänger? Was bekomme ich?"
Der Vergleich, sagte Alt,
sei für viele deprimierend. Zwischen 2021 und 2024 hätten
Langzeitarbeitslose 26 Prozent mehr bekommen, die Löhne seien in dieser
Zeit aber nur um knapp zwölf Prozent gestiegen. Die Preise seien um 17
Prozent nach oben geschnellt.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete
Johannes Arlt aus Mecklenburg-Vorpommern sieht ebenfalls die Akzeptanz
des Bürgergelds in Gefahr. "Keiner versteht, warum jemand, der bei
Sonnenaufgang ins Bett geht und den ganzen Tag auf dem Sofa liegt, nur
etwas weniger haben soll als einer, der zur gleichen Zeit in den
Schweinestall arbeiten geht", sagte Arlt dem "Spiegel". "Heute werfen
mir meine Wähler vor, dass wir Faulheit tolerieren, obwohl überall
Arbeitskräfte gesucht werden."
Quelle: dts Nachrichtenagentur