Händler halten an Müllflut durch ungewollte Werbepost fest: Umweltministerin Lemke muss Ressourcenvergeudung beenden
Archivmeldung vom 20.06.2022
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Großteil deutscher Handelsunternehmen will die enorme Ressourcen- und Energieverschwendung durch ungewollte Werbeprospekte nicht stoppen. Das ergibt eine aktuelle Umfrage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) unter 37 großen deutschen Händlern. Unternehmen wie Aldi Süd, Netto Nord, Rewe oder Rossmann halten demnach an der massiven Ressourcenverschwendung durch millionenfach verteilte, nicht adressierte Werbeprospekte fest. DerTextilhändler Kik, der Non-Food-Discounter Tedi und der Einzelhändler Woolworth waren die einzigen befragten Unternehmen, die das Versenden gedruckter Werbebroschüren eingestellt haben. Die DUH fordert deshalb von Umweltministerin Steffi Lemke eine politische Regelung gegen ungewollte Werbepost. Pro Jahr werden insgesamt bis zu 28 Milliarden gedruckte Werbeprospekte ungefragt in deutschen Briefkästen verteilt. Durch ein gesetzliches Opt-In-Verfahren würde Werbung nur noch in Briefkästen landen, wenn dies ausdrücklich erwünscht ist, etwa mit einem "Werbung - Ja bitte"-Schild.
"Nie war die Einsparung von Energie und Ressourcen wichtiger als jetzt", sagt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. "Wir können es uns nicht leisten, milliardenfach gedruckte Werbeprospekte zu produzieren, die anschließend ungelesen im Müll landen. Wie unsere Umfrage ergeben hat, ist der Großteil des Handels nicht zu wesentlichen Änderungen bereit. Deswegen muss Umweltministerin Lemke mit einer Opt-In-Regelung gegensteuern. Damit könnte die Bundesregierung ohne großen Aufwand die Werbemüllflut stoppen - und niemand muss auf etwas verzichten. Wer weiterhin Werbung will, bekommt sie. Der ungelesene und sinnlos produzierte Großteil der Prospekte aber wird eingespart. Allein durch einen Stopp der ungewollten Werbepost könnten pro Jahr bis zu eine halbe Million Tonnen CO2 eingespart werden. Als erstes europäisches Land hat Luxemburg bereits vor zwei Wochen vorgemacht, wie so etwas umgesetzt werden kann."
In der Umfrage der DUH wurde die mangelnde Dialogbereitschaft der Händler deutlich. Insgesamt 26 Handelsunternehmen antworteten nicht. Die restlichen Antworten offenbaren, dass weiter an unadressierter Werbepost als wichtigstem Marketinginstrument festgehalten werden soll. Sieben Händler rechtfertigten den massenhaften Einsatz von Werbeprospekten durch den Einsatz von Recyclingmaterial. Als Alternative zu gedruckten Prospekten sieht die DUH papierlose, onlinebasierte Angebotsinformationen.
Dazu meint der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer: "Auch ein Werbeprospekt aus Recyclingmaterial hat erhebliche Umweltauswirkungen. Auch dafür wird viel Energie und Chemie eingesetzt und die Prospekte werden über weite Wege bis zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern transportiert. Ungelesene Werbebroschüren werden nicht sinnvoller, nur weil sie aus Recyclingpapier bestehen. Das schwedische Möbelunternehmen Ikea, der Textilhändler Kik oder der Einzelhändler Woolworth zeigen, dass es auch ohne gedruckte Werbebroschüren geht. Sie haben ihre Printkataloge und die Versendung von Werbebroschüren eingestellt. Alternativ können Werbeangebote papierlos über Online-Kunden- oder Prospektportale zur Verfügung gestellt oder per Mail versendet werden. Zwar nutzen viele Händler bereits Online-Kommunikation, allerdings häufig nur als Ergänzung, sodass die großen Mengen gedruckter Werbeprospekte nicht ersetzt werden. Dies muss jedoch das erklärte Ziel sein."
Pro Jahr werden mehr als 28 Milliarden gedruckte Werbeprospekte ungefragt in deutschen Briefkästen verteilt - mit verheerenden Folgen für Umwelt, Klima und Müllaufkommen. Zur Herstellung der Werbeprospekte werden pro Jahr 42 Milliarden Liter Wasser, 4,3 Milliarden Kilowattstunden Energie und 1,6 Millionen Tonnen Holz verbraucht. Viele der milliardenfach hergestellten Broschüren, die teils auch noch mit Plastik umhüllt sind, landen ungelesen im Müll. Dass ein Opt-In-System unnötige Werbebroschüren schlagartig verringern kann, zeigt etwa die niederländische Hauptstadt Amsterdam, die es schon 2018 eingeführt hat. Laut Stadtverwaltung werden dadurch pro Jahr 6.000 Tonnen Papier und zwischen 650 und 750 Fahrten der kommunalen Müllabfuhr eingespart.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)