Untersuchungsausschuss spaltet Große Koalition
Archivmeldung vom 25.03.2009
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Freigeschaltet durch Oliver RandakDas Finanzgebaren der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) soll nach dem Willen der Opposition von einem Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden. Während die Union nichts gegen den Plan hat, lehnt ihn die SPD ab.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, bezeichnete einen solchen Untersuchungssausschuss als reinen «politischen Schaukampf».
Besonders erstaunlich sei die Unterstützung von Seiten der FDP, sagte Oppermann in Berlin. Die Liberalen hätten noch vor kurzem die vom Bundestag beschlossene Möglichkeit der Verstaatlichung der maroden bayerischen Bank als Verfassungsbruch kritisiert. Wenn die FDP nun die bankinternen Vorgänge parlamentarisch durchleuchten wolle, so sei das so, als ob man «ein brennendes Haus durch die Brandstifter beschützen» wolle.
Die Union signalisierte verhaltene Zustimmung zu dem Plan. «Wir sind zwar der Meinung, dieses Untersuchungsausschusses bedarf es nicht», sagte der Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Hartmut Koschyk, in Berlin. Die Union respektiere das Minderheitsrecht jedoch und wolle keine formalen Hürden aufstellen.
Die FDP-Bundestagsfraktion hatte am Dienstag die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragt, wie der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Jörg van Essen, mitteilte. Zuvor hatten bereits die Linken die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses gefordert. Die Grünen zeigten sich offen dafür.
Van Essen kündigte an, mit allen anderen Fraktionen des Deutschen Bundestages rasch Gespräche darüber führen zu wollen. «Wenn die HRE systemisch relevant ist, dann ist auch die staatliche Aufsicht über das Finanzgebaren der HRE systemisch relevant», sagte er. «Als Anwalt der Steuerzahler bleibt uns keine andere Möglichkeit, als die Aufklärung über den Untersuchungsausschuss zu erzwingen, damit sich ein solcher Schaden nicht wiederholen kann.»
Die Grünen drücken bei dem Ausschuss aufs Tempo: Ein entsprechender Antrag solle möglichst bereits am Donnerstag im Bundestag eingebracht werden, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin Irmingard Schewe-Gerigk in Berlin. Beratungen innerhalb der Opposition darüber sollten noch im Lauf des Tages stattfinden. «Wenn man sich heute auf Fragen einigt, wird morgen der Antrag eingebracht.»
Aus den Stimmen der Linken wird bereits eine mögliche politische Zielrichtung des Ausschusses deutlich: Im Fokus der Untersuchungen sollen «vor allem die Aktivitäten und Nichtaktivitäten im Bundesfinanzministerium» stehen, forderte Ulrich Maurer, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion.
Das Einsetzen des HRE-Untersuchungsausschusses kann nur gelingen, wenn ihnen die drei Oppositionsparteien zusammen beantragen. Um das Gremium einzusetzen, sind 25 Prozent der Abgeordnetenstimmen erforderlich.
Derweil beschloss der Finanzausschuss des Bundesrats bereits am Dienstag, der Länderkammer zu empfehlen, in der Sitzung am 3. April den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit droht sich die Verstaatlichung der HRE zu verzögern. Wenn die Kammer dem Votum folgt, kann das Gesetz Berichten zufolge wegen der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss erst Mitte Mai in Kraft treten.
Das sei für die Hypo Real Estate aber zu spät, berichtete der «Spiegel» bereits am Wochenende. Der Bank fehlten bis zu vier Milliarden Euro, um alleine die gesetzlichen Kapitalanforderungen zu erfüllen. Notfalls wolle der Bund die Bank mit einer befristeten stillen Einlage übergangsweise für wenige Wochen kapitalisieren, hieß es. Unterdessen bereite der Bund zudem ein Übernahmeangebot an die freien Aktionäre der HRE vor.
Die FDP hatte am Wochenende dafür plädiert, dass der Bundesrat dem Rettungsübernahmegesetz nicht zustimmt, sondern den Vermittlungsausschuss anruft. Der «Spiegel» berichtete, die Finanzminister der Länder hätten sich darauf verständigt, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Die Landesminister hätten zwar nichts gegen die Enteignung der HRE-Aktionäre. Sie ärgerten sich aber darüber, dass der Bund, wenn er das Bankenrettungsgesetz schon ändert, nicht auch die Abschreibungsregelungen für Verluste ihrer Landesbanken verbessert.
Der Bundestag hatte das auf die HRE zugeschnittene Rettungsübernahmegesetz am vergangenen Freitag gebilligt. Damit darf der Bund die Aktionäre notfalls enteignen, wenn freiwillige Lösungen scheitern. Die Regierung will die Kontrollmehrheit an dem börsennotierten Konzern erlangen, um dessen Pleite und weitere Turbulenzen am Finanzmarkt abzuwenden. Zweites Ziel ist die Sicherung der schon gewährten staatlichen und privaten Hilfen von 102 Milliarden Euro. Ohne diese Garantien wäre die HRE längst bankrott.