Baerbock und Habeck fürchten gesellschaftlichen "Rollback"
Archivmeldung vom 08.05.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Parteivorsitzenden der Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, warnen vor einem gesellschaftlichen "Rollback"durch die Coronakrise. "Die Gefahr eines gesellschaftlichen Rückschritts ist greifbar", sagte Habeck dem "Spiegel". "Grenzen werden wieder geschlossen, der Nationalismus erstarkt, der Autoritarismus. Die Frauen bleiben mal schön zu Hause: Das war doch die unausgesprochene Voraussetzung für den Shutdown."
Der Druck, der besonders auf den Frauen laste, zeige, dass man die Frauenquote als Instrument dringend brauche, so Habeck weiter. "Sie sichert Frauen den Raum für politisches Engagement."
Baerbock warnt davor, alte Fehler zu wiederholen. "Es wird wieder rein national gedacht, wie in der Finanzkrise. Das hat Europa schon damals fast an den Abgrund gebracht." Entsetzt zeigten sich die Grünen-Vorsitzenden über den Machtverlust von Kanzlerin Angela Merkel im derzeitigen Krisenmanagement.
"In den letzten Wochen haben wir große politische Handlungsfähigkeit erlebt", sagte Habeck. "Aber jetzt hat das unabgesprochene Agieren vieler Ministerpräsidenten die Autorität der Bundeskanzlerin in einem Maß beschädigt, wie ich es mir noch vor einer Woche nicht hätte vorstellen können." Die Grünen-Chefs kritisieren zudem, dass bei den Lockerungen der Maßnahmen falsche Prioritäten und Kriterien gesetzt würden. An erster Stelle würde sie die Schwachen in der Gesellschaft sehen, alte Menschen in Pflegeheimen und Kinder, sagte Baerbock. "Für deren Einrichtungen würde ich große Testkapazitäten und Schutzmaterialien einsetzen. Um dann, ähnlich wie in Dänemark, Kitas und Grundschulen als Erstes wieder zu öffnen." Habeck kritisiert die Langsamkeit der Politik. "Es gibt immer noch keine kreativen, differenzierten Schulkonzepte, die es allen Schulkindern ermöglichen, aus der sozialen Isolierung rauszukommen", sagt Habeck in dem "Spiegel"-Gespräch. "Ich frage mich, was die Kultusminister die letzten sieben Wochen gemacht haben."
Quelle: dts Nachrichtenagentur