Straßenverkehrsgesetz: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Referentenentwurf als Versuch der Festschreibung einer autofreundlichen Stadt
Archivmeldung vom 16.06.2023
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.06.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert den vom Bundesverkehrsministerium veröffentlichten Referentenentwurf zur Reform des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) als Versuch der Festschreibung des Primats einer autofreundlichen Stadt. Anstatt das Straßenverkehrsrecht tatsächlich im Gesetz selbst zu reformieren, verweist das Ministerium alle wesentlichen Entscheidungen auf die Reform der Straßenverkehrsordnung (StVO). Neben Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs stehen zwar nun auch Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung im Entwurf. Was auf den ersten Blick gut aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als Nebelkerze: Der Auto-Verkehr steht unter dem Stichwort "Leichtigkeit" weiterhin über allem und muss stets berücksichtigt werden. Besonders problematisch: Gemeinden werden weiterhin Einschränkungen des Autoverkehrs beantragen müssen, ein Verfahren das schon jetzt Städte und Regierungsbehörden lähmt. Der Referentenentwurf enthält schließlich keinerlei Änderung der geltenden autozentrierten StVO, obwohl dies durch eine einfache Ergänzung im Gesetz möglich wäre. Dadurch könnten Verbesserungen direkt in Kraft treten, ohne zusätzlich durch den Bundesrat zu gehen.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Eine wirkliche Reform des Straßenverkehrsgesetzes ist nicht vorgesehen. Werden SPD und Grüne diesen Versuch der FDP, das Primat des Autoverkehrs festzuschreiben, ebenso akzeptieren wie alle übrigen Anti-Klimaschutz-Entscheidungen? Wo ist die mutige Reaktion an einer Verkehrswende wirklich interessierter Regierungs-Abgeordneter, keine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes ohne klare Festschreibung von Tempo 30 in der Stadt als Regelgeschwindigkeit zu verabschieden? Wir brauchen auch für die kostendeckende und den ÖPNV mitfinanzierende Parkraumbewirtschaftung mehr Rechte für die Stadt. Und auch die Umwidmung von Straßenflächen in geschützte Radwege und Busspuren muss bereits im Straßenverkehrsgesetz geregelt werden. Setzt sich der Siegeszug von Porsche-Minister Wissing nach dem von Verhandlungskünstler Habeck zugestandenen Verzicht auf ein Klimaschutz-Sofortprogramm Verkehr nun auch beim Straßenverkehrsgesetz fort?"
Die DUH kritisiert insbesondere, dass das StVG keine gesetzliche Grundlage für eine soziale Staffelung der Parkgebühren enthält und damit eine sozial verträgliche Mobilitätswende ausbremst. Erst vor wenigen Tagen hat das Bundesverwaltungsgericht aus diesem Grund die vorbildliche Bewohnerparkgebührenordnung der Stadt Freiburg gekippt. Es fehlen zudem Möglichkeiten zur flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung: Auch zukünftig müssen Städte Prognosen und Machbarkeitsstudien für jede kleine Parkzone vorlegen.
Robin Kulpa, Stellvertretender Leiter Verkehr und Luftreinhaltung ergänzt: "Den Städten mangelt es an Personal und Geld. Trotzdem verhindert Minister Wissing eine unbürokratische Einführung der Parkraumbewirtschaftung. Damit verweigert der Verkehrsminister den Städten die Einnahmen aus Parkgebühren, die dringend für Bus und Bahn, Rad- und Fußverkehr benötigt werden und zögert die Mobilitätswende gezielt durch aufwendige langanhaltende Arbeitsprozesse in die Länge."
Die vollständige Stellungnahme der DUH finden Sie hier: https://l.duh.de/p230616
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (ots)