Heinrich August warnt vor überzogenen Reaktionen auf AfD
Archivmeldung vom 24.10.2017
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.10.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttAus Anlass der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages warnt der Historiker Heinrich August Winkler davor, auf Provokationen der einziehenden AfD-Fraktion überzogen zu reagieren. "Die Reden der AfD-Abgeordneten werden die deutsche Parlamentskultur verändern", schreibt Winkler in einem Beitrag für die "Bild". In welche Richtung diese Veränderung gehe, hänge jedoch "auch von den anderen Fraktionen ab".
Zwar bedeute der Einzug der AfD in das Parlament einen "historischen Einschnitt". Doch sei es "falsch und gefährlich", die AfD "einfach als neue Nazi-Partei zu bezeichnen". "Die AfD ist nicht die wiedererstandene Partei Adolf Hitlers", stellt Winkler klar. "Mit ihren nationalistischen, antiwestlichen, antiliberalen Tiraden erinnert sie viel stärker an die reaktionären Deutschnationalen der Weimarer Republik, die späteren Koalitionspartner der Nationalsozialisten. Und das ist schlimm genug."
Für die demokratischen Parteien im Bundestag komme es ab jetzt darauf an, "Attacken der AfD punktgenau, sachlich und öffentlichkeitswirksam zu kontern, die zahllosen Widersprüche in ihrem Programm und den Aussagen ihrer Sprecher aufzudecken und den Nachweis anzutreten, dass die neue Fraktion auf die wichtigsten Fragen der Zeit keine überzeugenden Antworten zu geben weiß", schreibt Winkler: "Manchmal reicht es auch, dumme Sprüche von AfDlern einfach zu zitieren, um deutlich zu machen, wes Geistes Kind diese Partei ist."
Nicht jede Provokationen der AfD sei "eine ausführliche Antwort wert", schreibt der Historiker. "Wichtiger als alles andere ist, dass die demokratischen Parteien im Blick auf die Wähler der AfD keinen Zweifel daran lassen: Wir haben verstanden." Der Wahlerfolg der AfD habe viel damit zu tun, "dass die bisherigen Regierungs- und Oppositionsparteien es sich oft zu einfach gemacht haben, dass sie Probleme, von denen große Teile der Bevölkerung zu Recht beunruhigt sind, geleugnet, verdrängt oder schöngeredet haben.
Dies betreffen besonders Themen der Inneren Sicherheit, Migration und Integration." Er empfehle den anderen Parteien daher "selbstkritisch zu sein und Lernfähigkeit zu beweisen", so Winkler. Das sei "kein Zeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Wenn sich die demokratischen Parteien in diesen Tugenden üben, haben sie gute Chancen, dem nächsten Bundestag eine AfD-Fraktion zu ersparen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur