Zeitungsverleger in Sorge: Kommt der Mindestlohn für Zeitungsboten?
Archivmeldung vom 01.04.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDeutschlands Zeitungsverleger schauen sorgenvoll nach Berlin. Dort wird an diesem Mittwoch, 2. April, der Gesetzentwurf für einen flächendeckenden Mindestlohn beraten.
Ein Mindestlohn bei Zeitungszustellern wäre ein Eingriff in die Pressefreiheit. Und zeitgleich eine riesige finanzielle Belastung für die Zeitungsverlage. Davon ist der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger überzeugt.
Dabei stützen sich die Verleger auf gleich zwei Gutachten, die sie selbst in Auftrag gegeben haben.
Die staatliche Regulierung von Stundenlöhnen für Zeitungszusteller ist ein Eingriff in die Berufsfreiheit und die allgemeine Handlungsfreiheit", hat Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio, Richter des Bundesverfassungsgerichts a.D., in seinem Rechtsgutachten festgestellt.
"Ein gesetzlicher Mindestlohn würde nach allen zur Diskussion stehenden Modellen die Trägerzustellung von Zeitungen auf Grund des organisatorischen und finanziellen Aufwands in einem Maße erschweren, dass sie vor allem im ländlichen Raum nicht mehr wirtschaftlich realisierbar wäre. Da die Trägerzustellung nach wie vor alternativlos ist, würde dies die Verbreitung und den Bestand von Tageszeitungen gefährden", warnt Prof. Dr. Christoph Degenhardt von der Universität Leipzig in seinem Gutachten, das Newsroom.de ebenfalls vorliegt.
Deutschlands führende Medienpolitiker sind dagegen bei der Frage des Mindestlohns für Zeitungszusteller gespalten.
Wir Grüne wollen einen flächendeckenden Mindestlohn. Das bedeutet keine Ausnahmen für irgendeine Branche, auch nicht bei der Zeitungslandschaft. Der Mindestlohn würde vor allem die Zeitungszusteller betreffen. Da ich selbst meine erste Wohnung durch das Austragen von Zeitungen finanziert habe, kann ich aus persönlicher Erfahrung sagen, dass es nicht zu viel verlangt ist, dafür 8,50 Euro pro Stunde zu bezahlen", argumentiert Tabea Rößner, medienpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen gegenüber Newsroom.de.
Martin Dörmann, medienpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, fordert die Zeitungsverleger auf, neue Modelle zu entwickeln. Dörmann zu NEWSROOM: "Es sind nun die Verleger gefragt, neue Modelle im komplexen Übergang von Stück- zu Stundenlohn zu entwickeln. Dabei muss es darum gehen, objektive Kriterien und Verfahren zu entwickeln, die sicherstellen, dass unterschiedliche Strecken-Gegebenheiten vor Ort berücksichtigt werden."
Niemand in der Medienpolitik, betont Martin Dörmann, habe ein Interesse daran, der Presselandschaft ökonomisch den Boden zu entziehen.
Kein Freund des Mindestlohns für Zeitungszusteller ist Marco Wanderwitz, Sprecher der CDU/-CSU-Bundestagsfraktion für Kultur und Medien. Er warnt davor, dass mit der Einführung eines Mindestlohns tausende Zeitungszusteller ihren Job verlieren könnten.
Zu Newsroom.de sagt Marco Wanderwitz: "Es kann nicht in unserem Interesse sein, dass durch die andernfalls entstehenden Mehrkosten von rund 225 Millionen Euro bis zu 16.000 der Zeitungszusteller ihren Job verlieren könnten. Besonders betroffen wären dabei die strukturschwächeren Regionen Deutschlands im ländlichen Raum, in denen es dann kaum noch wirtschaftlich darstellbar wäre, Tageszeitungen im Abonnement zu verteilen."
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Quelle: Medienfachverlag Oberauer GmbH (ots)