Merkel rät trotz positiver Konjunkturprognosen zu Vorsicht
Archivmeldung vom 28.08.2009
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundeskanzlerin Angela Merkel hat in einem Interview für die WDR 5-Sendung "Platz der Republik" trotz guter Konjunktur-Nachrichten zu Vorsicht gemahnt.
"Wir haben wahrscheinlich die Talsohle erreicht. Aber ob das schon ein stabiles Wachstum ist oder ob das erste Effekte sind, die dann auch wieder ein bisschen abflachen können, das kann im Augenblick noch keiner sagen." Nun gehe es darum, möglichst viel Wachstum zu erzeugen, um aus der Talsohle rauszukommen und, so Merkel, "dann nach dem Motto ,Wachstum schafft Arbeit' auch möglichst viele Arbeitsplätze zu retten oder neue zu schaffen."
Zu Prognosen der Unternehmensberatung Roland Berger, nach dem Ende der Abwrackprämie seien zehntausende Jobs in der deutschen Automobilindustrie in Gefahr, sagte die Kanzlerin: "Ich halte in der augenblicklichen Zeit all die Prognosen für sehr vage, weil kein Mensch genau weiß, wie sich das Kaufverhalten auf dem chinesischen, auf dem japanischen, auf dem amerikanischen Automarkt entwickelt. Dass die Automobilindustrie durch eine schwierige Zeit geht, wissen wir." Die Bundesregierung habe durch die Abwrackprämie ihren Beitrag dazu geleistet, dass der Binnenkonsum stabilisiert wurde: "Das hat auch sehr gut funktioniert." Merkel kündigte an, sich im September auf der Internationalen Automobilausstellung zu informieren, wie sich die deutschen Aussteller auf Zukunftstechnologien wie Elektromobilität und Hybridantriebe vorbereiteten: "Davon wird abhängen, wie viele Arbeitsplätze wegfallen und wie wir die Umstrukturierung schaffen."
Gelassenheit bei Opel-Lösung angesagt
Bei den Verhandlungen mit der amerikanischen Seite über die Zukunft von Opel riet Merkel zu Gelassenheit: "Wir sollten die Gespräche zügig führen, aber auch die Fragen in Ruhe beantworten. Wenn wir jetzt dort unruhig werden, würden wir unsere Verhandlungsposition schwächen." Der von der Bundesregierung verbürgte Überbrückungskredit reiche "noch eine ganze Zeit". Allerdings, so Merkel weiter, wäre es für die Arbeitnehmer und das Unternehmen selbst sehr sinnvoll und wichtig zu wissen, wie die Zukunft aussieht.
Sarkozy-Besuch: Gemeinsam mit Frankreich Regelungen für G 20 erarbeiten
Bei dem am Montag stattfindenden Treffen mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy gehe es um gemeinsame Aktivitäten zur weiteren Lösung der Finanzmarktkrise und um die Frage "Was können wir tun, damit nicht immer größere Risiken eingegangen werden, sprich, was kann man für den gesamten Bereich der Bonuszahlungen und der Gehaltsstruktur der Akteure in den Finanzmärkten machen." Deutschland habe bereits gesetzliche Maßnahmen ergriffen, Frankreich den Weg der Selbstverpflichtung gewählt, sagte Merkel im WDR: "Wir werden unsere gemeinsamen Aktivitäten von Deutschland und Frankreich Revue passieren lassen und daraus eine Position erarbeiten, die Deutschland und Frankreich für den G20-Gipfel einnimmt. Wir müssen solche Dinge international regeln. Das kann nicht nur national sein."
Koalition mit den Grünen keine Option
Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin lehnt eine schwarz-grüne Koalition nach der Bundestagswahl ab: "Ich will für die nächste Legislaturperiode keine Koalition mit den Grünen. Unsere Programme unterscheiden sich doch erheblich. Und deshalb stellt sich für mich diese Option nicht." Auch ein Bündnis von Union, FDP und Grünen ist nach Merkels Ansicht nicht angebracht: "Ich glaube nicht, dass es zu einer Jamaika-Koalition kommen wird. Das muss man sehr nüchtern sehen. Ich sage ja schon, dass ich die Option von Schwarz-Grün nicht sehe und umso weniger eine so pikante Mischung." Die sei eine theoretische Diskussion: "Man muss sich einmal vorstellen, vor welchen Herausforderungen unser Land steht. Wir haben keine Zeit, unentwegt zu diskutieren, sondern wir müssen handeln." Sie werde für ihre Wunschkoalition mit der FDP kämpfen: "Und ich glaube, wir haben auch gute Chancen."
Merkel setzt bei Landtagswahlen auf stabile Verhältnisse
Angesichts der zu erwartenden Verluste der CDU bei den am Wochenende anstehenden Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland verwies Merkel auf die besondere Situation der Landtagswahlen vor fünf Jahren: Die CDU sei inzwischen Regierungspartei und nicht mehr auf dem Höhepunkt der Opposition gegen Rot-Grün. "Wir kämpfen dafür, dass wir möglichst stark sind und haben auch aus meiner Sicht recht gute Chancen. Was man aber festhalten kann, ist, dass Rot-Grün überhaupt keine Machtperspektive mehr hat. In keinem dieser drei Länder ist diese Perspektive da. Das führt die SPD dazu, dass sie doch sehr mit den Linken anbändelt. Ich halte das für die jetzigen Zeiten für die vollkommen falsche Option. Wir brauchen klare, stabile Verhältnisse, die auf Wachstum und Arbeit ausgerichtet sind", so Merkel. Die Ergebnisse der Landtagswahlen seien aber keinesfalls die Vorwegnahme der Bundestagswahl.
Quelle: WDR