Ökonom plädiert für Alternative zur Staatsschuldenquote
Archivmeldung vom 10.06.2020
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Freigeschaltet durch André OttDer Ökonom Jens Südekum spricht sich angesichts der wachsenden Staatsverschuldung für ein alternatives Schuldenmaß aus. "Viel wichtiger als die Staatsschuldenquote ist die Schuldentragfähigkeit, also die Frage, ob wir uns das Bedienen der Kreditzinsen leisten können", sagte Südekum dem Nachrichtenportal T-Online.
Südekum weiter: "Ich plädiere dafür, dass wir statt der Staatsschuldenquote mehr über die so genannte Zins-Steuer-Quote sprechen." Als Grund nannte er die niedrigen Zinsen, die es dem Staat erlauben, sich "zum Nulltarif" zu verschulden. "Wir müssen nicht auf Biegen und Brechen sparen, um die Schulden loszuwerden - im Gegenteil: es wäre fatal, wenn wir zu früh zu viel sparen und den jetzt angestoßenen Konjunkturimpuls sofort wieder abwürgen."
Die Zins-Steuer-Quote gebe besser Aufschluss darüber, wie stark die aktuelle Generation durch Zinsverbindlichkeiten belastet werde. "Anfang der 90er-Jahre lag diese Quote einmal bei 16 Prozent", so Südekum weiter. "Das war problematisch, weil es den Spielraum für staatliche Ausgaben einschränkt." Aktuell aber seien es nur vier Prozent. Deutschland sei da in einer "extrem komfortablen" Situation. Man sollte deshalb keine "Schulden-Panik schieben". Mit Blick auf die Debatte um eine Ausweitung der heimischen Produktion sagte Südekum: "Selbst wenn wir alles in Deutschland oder in der Nähe herstellen würden, wären wir nicht zu 100 Prozent vor künftigen Krisen sicher." Zwar sei es sinnvoll, dass viele Unternehmen von sich aus ihre Lieferketten diversifizierten, staatliche Anreize dafür brauche es aber nicht. "Ich warne davor, dass Politiker das anheizen und jetzt versuchen irgendwelche Produktionen heim zu holen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur