Präsident des Bundesfinanzhofes fordert deutlich einfacheres Steuerrecht
Archivmeldung vom 19.05.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Präsident des Bundesfinanzhofes, Rudolf Mellinghoff, hat eine deutliche Entschlackung des deutschen Steuerrechts gefordert. "Man könnte vieles vereinfachen", sagte Mellinghoff der "Süddeutschen Zeitung". "Muss man etwa Handwerkerleistungen notwendig im Einkommensteuerrecht regeln? Wenn ich sehe, wie gut es dem deutschen Handwerk geht, frage ich mich, wozu man das braucht."
Der Bundesfinanzhof-Präsident Mellinghoff plädierte im Gespräch mit der Zeitung außerdem dafür, die Abzugsmöglichkeiten bei der Steuer deutlich zu reduzieren und mehr mit Pauschalen arbeiten. So ließe sich die steuerliche Behandlung der doppelten Haushaltsführung ebenso vereinfachen wie die der Reisekosten. Ähnliches gelte für die Pendlerpauschale. Das Entfernungsgeld abzuschaffen, hält Deutschlands oberster Finanzrichter aber nicht für sinnvoll: "Das würde der Lebenswirklichkeit nicht gerecht."
Schuld am ausufernden Steuerrecht sei unter anderem das Streben nach größtmöglicher Einzelfallgerechtigkeit, so Mellinghoff: "Also jeden Tatbestand auf Heller und Cent zu berücksichtigen. Dadurch wird das System unheimlich kompliziert." Die Materie sei mittlerweile so komplex, die Finanzämter so überlastet, dass das Steuerrecht nicht mehr einheitlich angewandt werde. Das sei ungerecht dem Bürger gegenüber und führe bei vielen zur Frustration: "Ich habe den Eindruck, dass der Steuerbürger immer mehr resigniert. Er ergibt sich dem Steuersystem."
Mellinghoff warb in dem Blatt zudem für deutlich einfachere Regeln: "Ich kann mir ein Steuerrecht vorstellen, in dem ein Arbeitnehmer, der nur geringe Werbungskosten und keine weiteren Einkünfte hat, kaum jemals eine Steuererklärung abgeben muss." Wenn doch müssten zwei DIN-A4-Seiten für die Erklärung reichen.
Gleichzeitig warnte der Chef des Bundesfinanzhofes die Bürger davor, bei der Erklärung zu tricksen: "Man sollte sich gut überlegen, ob man bei der Entfernungspauschale einfach mal sieben Kilometer mehr angibt. Das ist Betrug, das ist Steuerhinterziehung! Wer das macht, steht schnell mit mehr als einem Bein im Gefängnis."
Quelle: dts Nachrichtenagentur