Dewes kritisiert Einmischung der Bundes-SPD in thüringischen Machtkampf
Archivmeldung vom 01.02.2008
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer SPD-Linke und Ex-Landesinnenminister von Thüringen, Richard Dewes, hat der Bundespartei schwere Vorwürfe gemacht, weil diese sich in den Landes-Wettbewerb um den Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2009 zwischen ihm und den Landes-Partei- und Fraktionschef Christoph Matschie einmische.
In einem Gespräch mit der "Leipziger Volkszeitung" (Freitag-Ausgabe) verteidigte Dewes zugleich seine Position, auch als Juniorpartner an der Seite der Linkspartei eine Regierung zu bilden. Es gehe nach Hessen "um die Glaubwürdigkeit" der neu ausgerichteten SPD.
Die Hessen-Wahl habe gezeigt, "dass man auch ein fulminantes Wahlergebnis nicht in jedem Fall in eine Regierungsumbildung umsetzen" könne. Das soll vermieden werden. Die in Thüringen laufende Urwahl zwischen ihm und Matschie "wäre nicht notwendig gewesen, wenn der SPD-Landesvorsitzende nicht vor Monaten postuliert hätte, mit der Linkspartei dürfe es dann keine Koalition geben, wenn diese stärker als die SPD sein sollte", meinte Dewes zum Vorwurf, er zerfleddere die Landes-Partei, die in Umfragen bei allenfalls 15 Prozent steht. "Ich möchte nicht, dass die SPD nach der Wahl gezwungen wird, der CDU nach 20 Jahren das Weiterregieren abzusichern. Das will Christoph Matschie in der Konsequenz. Ich nicht." Der Landesvorsitzende habe diese Debatte provoziert. "Und er ist dabei von der Bundes-SPD bestärkt worden, weil diese, ein paar Wochen vor der Bundestagswahl, vor allem den alten Bundesländern keine Belastung durch eine Links-Koalitionsdebatte zumuten will." Aber, so Dewes: "Gäbe es diese Diskussion nicht, gäbe es auch meine Kandidatur nicht."
Nun müsse die Sache "fair aber in aller Entschiedenheit" zu Ende gebracht werden. "Es geht mittlerweile nicht mehr nur um die strategische Option. Jetzt muss geklärt werden, welcher Spitzenkandidat die Inhalte glaubwürdiger gegenüber dem Wähler präsentieren kann", sagt Dewes. "Es geht auch um die Frage, welcher Kandidat die nachjustierte SPD, nach der Agenda-2010- und Hartz-Debatte, glaubwürdiger vertreten kann. Die Erfahrungen aus Hessen machen mich da ganz optimistisch. Christoph Matschie stand jedenfalls immer in großer Entschlossenheit hinter der Agenda von Gerhard Schröder." Er selbst "habe keine Kurskorrektur nötig", stellt Dewes selbstbewusst fest. Also sei er "definitiv das logischere und besser passende Angebot der neu aufgestellten SPD".
Auch deshalb ist Dewes über die Einmischung der Bundes-Partei verwundert: "Die thüringische SPD wird umso stärker zu mir heranrücken, wenn sie merkt, dass der Druck seitens der Bundes-SPD zunimmt. Koalitionsentscheidungen sind in der SPD das vornehme und geachtete Recht jeder Landespartei." Ein Blick nach Sachsen sollte allen genügen: "Die SPD steckt da in einer Koalition mit Milbradt. Sie muss dessen große Fehler mit aushalten und kann von seiner Schwäche nicht profitieren. Sie ist in der prekärsten Situation aller SPD-Landesverbände."
Quelle: Leipziger Volkszeitung