Geheimgutachten belastet Thüringer AfD
Archivmeldung vom 20.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer Thüringer Verfassungsschutz hat den Landesverband der AfD in einem geheimen Vermerk von Ende Juni als "kämpferisch-aggressiv" eingeordnet. Die "Welt am Sonntag" wird an diesem Wochenende über das Dokument schreiben, das dem Innenministerium des Landes übermittelt wurde.
Demnach schüre die AfD in Thüringen "beständig" die Ablehnung der
"verfassungsmäßigen staatlichen Ordnung". Der Verband falle durch
"Diffamierungen staatlicher Institutionen und der sie tragenden
Parteien" auf. Die AfD schüre die Auffassung, dass die Ursache für
Missstände "im Wesen des demokratischen Rechtsstaats" liege. Dazu kämen
Behauptungen, nach denen "fremde Mächte" Deutschland kontrollieren und
das deutsche Volk zerstören wollten, wie die Sicherheitsbehörde in dem
Bericht an das ihr übergeordnete Ministerium aufzählt.
Die
Charakterisierung als "kämpferisch-aggressiv" geht über die reine für
eine Beobachtung durch Geheimdienste nötige Feststellung
verfassungsfeindlicher Bestrebungen hinaus. Die schärfere Wortwahl wird
in der Praxis von Behörden häufig bemüht, um ein Vereinsverbot zu
begründen. Daher könnte das Gutachten des Verfassungsschutzes der
Diskussion um ein Parteiverbot der AfD neue Nahrung bieten.
Die
Behörde hatte das Gutachten erstellt, weil im vergangenen Jahr das
Landratsamt des Saale-Orla-Kreises im Südosten Thüringens einem
AfD-Mitglied verboten hatte, eine Waffe zu führen. Die Behörde
begründete das mit der "fehlenden waffenrechtlichen Zuverlässigkeit" des
Betroffenen. Sie verwies auf die Einstufung des AfD-Landesverbandes als
"gesichert rechtsextremistisch". Das AfD-Mitglied zog vor das
Verwaltungsgericht Gera - und bekam dort Recht.
Auch vor dem
Oberverwaltungsgericht blieben im Februar dieses Jahres entschiedene
Zweifel bestehen: Es gebe zwar sehr wohl Anhaltspunkte für eine
verfassungswidrige Ausrichtung des AfD-Landesverbandes. Es fehle jedoch
an der "erforderlichen Feststellung einer waffenrechtlich relevanten,
kämpferisch-aggressiven Haltung" der AfD, um dem Mann seine Waffen
wegzunehmen. Das Urteil war eine Schlappe für das Innenministerium und
den Verfassungsschutz.
Die Behörde trug in dem Geheimgutachten
nun 35 Einzelaussagen von AfD-Funktionären zusammen, die eine
"kämpferisch-aggressive" Haltung belegen sollen. 31 dieser Aussagen
stammen von Landeschef Höcke selbst. Der Thüringer Verfassungsschutz
teilte auf Anfrage der "Welt am Sonntag" mit, im Falle der Frage nach
der "kämpferisch-aggressiven Haltung" sei die Prüfung "noch nicht
abgeschlossen". Verfassungsschutz und Innenministerium würden die
rechtlichen Fragestellungen aktuell bewerten. Der Chef des Thüringer
Verfassungsschutzes, Stephan Kramer, hatte sich in der Vergangenheit als
entschlossener Gegner der AfD positioniert. "Sie wollen die Regierung
bezwingen, den Staat, und das ganze System, das in der Bundesrepublik
Deutschland eingerichtet wurde", sagte er in einem Interview im
vergangenen Sommer mit einem israelischen TV-Sender.
Quelle: dts Nachrichtenagentur