Armutsforscher Butterwegge: Bundesregierung verharmlost Problem der wachsenden Armut in Deutschland
Archivmeldung vom 14.12.2016
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.12.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttDer Kölner Armutsforscher Christoph Butterwegge wirft der Bundesregierung vor, "das Problem der wachsenden Armut in Deutschland zu verharmlosen". Butterwegge, der auch Kandidat der Linken für die Wahl des Bundespräsidenten ist, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", auch die seit 2010 im Schnitt gestiegenen Reallöhne seien kein Grund zur Beruhigung.
Butterwegge reagierte auf den Entwurf des fünften Armuts- und Reichtumsberichtes der Bundesregierung. Er betonte: "Laut dem Bericht sind die Reallöhne zwar gestiegen. Das betrifft aber nicht den Niedriglohnsektor, in dem mittlerweile ein Viertel aller Beschäftigten angestellt ist." Dass zudem die Zahl der überschuldeten Haushalte in einer guten Konjunkturphase zugenommen habe, verdeutliche, "wie tief gespalten die Gesellschaft ist". Dem Bericht zufolge gab es im Jahr 2006 insgesamt 1,64 Millionen überschuldete Haushalte. Im laufenden Jahr sind es 2,05 Millionen.
Um Armut zu bekämpfen, forderte Butterwegge unter anderem eine Anhebung des Mindestlohns auf wenigstens zehn Euro: "Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro beziehungsweise 8,84 Euro ab kommendem Jahr ist zu gering. Der Niedriglohnsektor ist der Wegbereiter der Armut."
Auch DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell beklagte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung", dass die Zahl der überschuldeten Bürger steige. "Diese Entwicklung ist nicht vom Himmel gefallen, sie wurde durch den politisch gewollten und geförderten Ausbau des Niedriglohnsektors befördert." Die arbeitsmarktpolitischen Korrekturen der letzten Jahre allein könnten diesen Trend nicht stoppen, sagte Körzell. "Wir müssen mehr tun: den Niedriglohnsektor austrocknen und Einkommen und Vermögen gerecht besteuern."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)