Bahn und Bund gehen offenbar von schrumpfendem Schienennetz aus - seit 1994 wurde der Abbau von 5126 Kilometern genehmigt
Archivmeldung vom 16.06.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundesregierung und die Deutsche Bahn sind sich offenbar darin einig, dass das Schienennetz in den kommenden Jahren weiter schrumpfen wird. In einem internen Papier des Verkehrsministeriums, das dem "Tagesspiegel" vorliegt, wird mit einem Streckenumfang von 32000 Kilometern als kritischer Marke gearbeitet.
Dabei geht es um die Bedingungen für die
so genannte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung, bei der der
Bund auf Jahre hinaus die Mittel zum Netzerhalt festschreiben soll.
In der Bilanz für das vergangene Jahr weist die Bahn noch eine
Betriebslänge von 34211 Kilometern aus. Der Grünen-Abgeordnete
Winfried Hermann sagte im Gespräch mit dem "Tagesspiegel": "Da müssen
alle Landräte und Bürgermeister in strukturschwachen Räumen hellhörig
werden." Der verkehrspolitische Sprecher der SPD, Uwe Beckmeyer,
kündigte an: "Für ein schrumpfendes Netz gibt es keine politische
Unterstützung." Ein Bahnsprecher betonte jedoch gegenüber dem
"Tagesspiegel": "Wir haben kein Streckenstilllegungsprogramm."
In den vergangenen Jahren ist die Schieneninfrastruktur allerdings
kontinuierlich geschrumpft. Und für das bundeseigene Netz ist die
Bahntochter DB Netz zuständig. Zwischen 1994 und dem 1. Juni 2006
wurde vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) der Abbau von 469 Teilstrecken
mit einer Gesamtlänge von 5126 Kilometern genehmigt, 94 Teilstrecken
mit zusammen 1863 Kilometern wurden an Konkurrenten der Deutschen
Bahn abgegeben. Das geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage, die
unter anderem von den Grünen-Abgeordneten Anton Hofreiter, Hermann
und Peter Hettlich an die Bundesregierung gestellt wurde, hervor.
Hermann sagte, der Abbau von mehr als 5000 Kilometern Strecke
innerhalb von gut 12 Jahren sei "nicht wenig". Zumal man, wie das dem
"Tagesspiegel" vorliegende Ministeriumspapier zeigt, "stillschweigend
von einer Schrumpfung ausgeht". Der Bundesregierung warf Hermann vor,
keine eigene Bahnstrategie zu haben, sondern die Argumentation des
Unternehmens zu akzeptieren.
Derzeit laufen Verhandlungen zwischen Bahn und Bund über eine
Leistung- und Finanzierungsvereinbarung, die im Vorfeld der
angestrebten Privatisierung des Konzerns sicherstellen soll, dass der
Staat auch weiterhin für eine gute Schieneninfrastruktur in
Deutschland sorgt. Streckenstilllegungen sind sowohl aus Sicht des
Bundes als auch der Bahn so lange dabei ohne direkte Auswirkungen auf
die Vereinbarung, wie eine Gesamtlänge von 32000 Kilometern nicht
unterschritten wird. Erst dann fordert der Bund laut dem internen
Papier, dass weitere Reduzierungen nur mit seiner Zustimmung
erfolgen. Die Bahn will dagegen die bisherige Praxis beibehalten, nur
die Zahlungen des Bundes könnten an das kleinere Netz angepasst
werden.
Quelle: Pressemitteilung Der Tagesspiegel