Ex-Verfassungsrichter kritisiert Gabriel
Archivmeldung vom 11.12.2014
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer früher Bundesverfassungsrichter Hans Hugo Klein hat kritisiert, dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) seine Zustimmung zum Freihandelsabkommen mit den Vereinigten Staaten (TTIP) von der Zustimmung eines Parteitags abhängig macht. "Eines darf der Minister nicht: Er darf sich nicht an den Willen nichtamtlicher, also privater Personen oder Organisationen binden", schreibt Klein in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (F.A.Z.).
Sowenig es mit den Amtspflichten eines Mitglieds der Bundesregierung vereinbar wäre, so Klein weiter, wenn es seine Entscheidung "vom Votum des Bundesverbandes der deutschen Industrie abhängig machte, so wenig ist es verfassungsrechtlich zulässig, dass eine Partei einen Minister, ob er ihr Mitglied ist oder nicht, in seiner Amtsführung an ihre Beschlüsse zu binden trachtet oder der Minister sich in seinem amtlichen Handeln den Beschlüssen einer Partei unterwirft".
Der Staatsrechtslehrer Klein, der früher CDU-Bundestagsabgeordneter war, fährt fort: "Regierungsmitglieder sind nicht ausführende Organe von Parteien. Glauben sie, der Partei gegen ihre Überzeugung willfahren zu sollen, gibt es für sie nur einen verfassungskonformen Ausweg: den Rücktritt von ihrem Amt", schreibt Klein in der F.A.Z.
Ex-Verfassungsrichter: Gesetz zur Tarifeinheit verfassungswidrig
Der ehemalige Verfassungsrichter Thomas Dieterich hält das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Tarifeinheit für verfassungswidrig: "Das Gesetz würde die Handlungsfähigkeit der Gewerkschaften eklatant einschränken. Das ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar", sagte Dieterich der "Berliner Zeitung". Es sei eine bewusste Täuschung der Öffentlichkeit, wenn die Bundesregierung behaupte, das Streikrecht werde nicht angetastet. "Faktisch würde das Gesetz das Streikrecht einschränken", sagte der frühere Richter am Bundesverfassungsgericht. Mit dem Gesetzentwurf zur Tarifeinheit will sich das Kabinett am Donnerstag befassen. Er regelt den Fall, dass es für eine Berufsgruppe in einem Betrieb Tarifverträge von zwei unterschiedlichen Gewerkschaften gibt. In diesem Fall soll künftig nur noch der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern gelten. Spätestens wenn die Mehrheitsverhältnisse geklärt seien, könne die kleinere Gewerkschaft keinen Arbeitskampf mehr organisieren, betont Dieterich. "Ein Tarifvertrag, der nicht gilt, kann auch nicht erkämpft werden." Zwar wünschten sich viele Unternehmen eine gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit, sagte der Präsident des Verbands deutscher Arbeitsrechtsanwälte, Michael Henn, der Zeitung. Es sei nun mal einfacher, mit einer Gewerkschaft zu verhandeln als mit zwei oder drei. Zudem könnten Streiks von kleinen Berufsgewerkschaften Unternehmen richtig wehtun. Er persönlich glaube jedoch, dass das Gesetzesvorhaben scheitert, betont der Fachanwalt für Arbeitsrecht. Das Vorhaben sei verfassungsrechtlich problematisch, denn das Grundgesetz garantiere die Koalitionsfreiheit. "Man muss mit den guten und schlechten Folgen der Koalitionsfreiheit leben."
Quelle: dts Nachrichtenagentur