Petition gegen die religiöse Fundierung von Bildung und Erziehung
Archivmeldung vom 25.04.2006
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDie Giordano Bruno Stiftung, der zahlreiche renommierte Wissenschaftler, Philosophen und Künstler angehören, hat anlässlich der Vorstellung des "Bündnisses für Erziehung" durch Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen eine Online-Petition gegen die religiöse Fundierung von Bildung und Erziehung gestartet.
Der Stiftungsvorstand hielt diesen Schritt für notwendig, weil in der
medialen Berichterstattung über die Initiative der Familienministerin
"entscheidende Argumente bislang sträflichst vernachlässigt wurden".
Zwar hätten einige kritische Kommentare zu Recht angemerkt, dass das
"Bündnis für Erziehung" von seiner ideologischen Anlage her dem
Verfassungsprinzip der weltanschaulichen Neutralität des Staates
widerspricht, der eigentliche Skandal dieses konservativen Vorstoßes
sei aber kaum thematisiert worden.
Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon erklärte am
Stiftungssitz in Mastershausen (Hunsrück), von der Leyens Erklärungen
vor der Presse stellten "nicht nur eine Beleidigung der
aufklärerischen Vernunft dar, welche die fundamentalen Menschenrechte
in einem Jahrhunderte währenden Emanzipationskampf gegen den
erbitterten Widerstand der Kirchen erkämpfen musste, sondern auch
eine Verhöhnung der Opfer christlicher (Heim-)Erziehung".
Während im katholischen Irland derzeit eine Milliarde Euro
ausgeschüttet würden, um die misshandelten und missbrauchten Zöglinge
christlicher Erziehungsanstalten für das erlittene Leid zu
entschädigen, hielten sich die christlichen Kirchen im weitgehend
säkularisierten Deutschland trotz identischer pädagogischer
Verbrechen schadlos, sie würden sogar mit einer Spitzenposition in
einem angeblich zeitgemäßen "Bündnis für Erziehung" belohnt. Wer
diese und andere Fakten zur Kenntnis nehme, so Schmidt-Salomon, müsse
den "gedanklichen Entgleisungen der deutschen Familienministerin in
schärfster Form entgegentreten."
"Allerdings", so Schmidt-Salomon weiter, "sei eine breite
gesellschaftliche Debatte zu den fundamentalen Werten unseres
Zusammenlebens sowie zu entsprechenden pädagogischen Konzepten
tatsächlich erforderlich." Statt einer "neokonservativen
Mobilisierung archaischer Mythen" solle die Politik jedoch auf eine
"engagierte Bildungsoffensive setzen, die sich an den Erkenntnissen
im Bereich der Didaktik, der Lern- und Motivationspsychologie und der
modernen Hirnforschung" orientieren müsse.
Mit der bisher gewählten Strategie, die Vermittlung und Diskussion
von Werten und Weltanschauungen ausgerechnet den religiösen
Gemeinschaften zu überlassen, habe der Staat den Bock zum Gärtner
gemacht. "Wenn Klein-Erna mit Segen des Staates von Vertretern der
katholischen Kirche, Klein-Mehmet von Muslimen, Klein-Philipp von
Zeugen Jehovas fürs Leben geschult werden, so entsteht darüber keine
weltanschauliche Vielfalt, sondern bloß potenzierte Einfalt",
erklärte Schmidt-Salomon. Dass unter dieser Voraussetzung "das zarte
Pflänzchen einer offenen Gesellschaft" nicht gedeihen könne, müsse
niemanden verwundern.
Der Text der GBS-Petition findet sich im Internet unter:
http://www.leitkultur-humanismus.de/.
Quelle: Pressemitteilung Giordano Bruno Stiftung