Union rüffelt Rösler wegen Griechenland-Äußerungen
Archivmeldung vom 24.07.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer FDP-Vorsitzende und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler zieht mit seinen Äußerungen zum Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone nun auch Kritik vom Koalitionspartner auf sich. "Es gab überhaupt keinen Grund, diese Debatte jetzt loszutreten", sagte der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Klaus-Peter Flosbach (CDU), "Handelsblatt-Online".
Denn entschieden werde auf Basis des Berichts der Troika. "Die Spekulationen um Griechenland haben, wie man gerade anhand der Bewertung einer Rating-Agentur sieht, sofort Folgen auch für Deutschland. Insofern rate ich uns allen zu mehr Verantwortung."
Der stellvertretende Vorsitzende der deutsch-griechischen Parlamentariergruppe, Erwin Lotter (FDP), verteidigte dagegen Rösler. "Nur wer den Schrecken vor etwas verliert, befreit sich auch von Erpressbarkeit", sagte Lotter "Handelsblatt-Online". Er sei sich daher sehr sicher, dass die Griechen diese Botschaft aus Deutschland genau verstünden und ihre Anstrengungen jetzt deutlich erhöhten, weil sie im Euro bleiben wollen. "Wenn diejenigen das begreifen, die jetzt über Rösler herfallen, werden sie sich beim ihm entschuldigen müssen, allen voran die hyperventilierenden Parteifreunde", fügte der Bundestagsabgeordnete hinzu.
Rösler bekräftigt Positionen zu Griechenland
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat seine umstrittenen Äußerungen zu Griechenland bekräftigt und auf massive Versäumnisse im Land hingewiesen. "Ich bin enttäuscht über die bisherigen Anstrengungen", sagte Rösler in der "Rheinischen Post". "Wir haben immer gesagt, dass es keine Leistung ohne Gegenleistung geben kann. Die Konsequenzen waren immer klar. Deshalb können meine Aussagen niemanden überraschen."
Im Übrigen seien die Probleme Athens bei der Umsetzung der Reformauflagen bekannt, auch an den Finanzmärkten. Wenn die Reformen nicht erfüllt würden, könne es keine weiteren Hilfen geben. "Dann wäre Griechenland zahlungsunfähig und müsste selber über den Verbleib in der Euro-Zone entscheiden." Bei zentralen Projekten gebe es kaum Fortschritte in Griechenland, betonte der FDP-Chef. "Dazu zählt etwa der Aufbau einer funktionierenden Steuerverwaltung. Ich denke auch an die versprochene Privatisierung von Staatsvermögen."
SPD fordert Entlassung Röslers
Die SPD hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler wegen dessen Äußerungen zum Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone zu entlassen. "Wenn der vereidigte Wirtschaftsminister Deutschlands Steuergelder so unverantwortlich gefährdet, müsste die Kanzlerin ihn entlassen", sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, "Handelsblatt-Online". Mit Blick auf das gefährdete Top-Rating Deutschlands fügte Schneider hinzu: "Die Herren Rösler und Döring bekommen heute die Quittung für ihr unverantwortliches Gequatsche." Die US-Ratingagentur Moodys habe zwar keine Zweifel an der deutschen Bonität gelassen, aber das Senken des Ausblicks auf "negativ" genau damit begründet, dass ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone zu befürchten sei und das Deutschland sehr viel koste.
Das Moodys-Urteil sei zudem eine "Bankrotterklärung" für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel. Schäuble habe es versäumt, "endlich vernünftig zu regulieren, dass ein Urteil einer Ratingagentur in einer heiklen Zeit keine so großen krisenverschärfenden Auswirkungen haben darf", sagte Schneider. Und er habe versäumt, die Banken robust und krisenfest zu machen. "Jetzt rächt sich, dass die deutsche Bankenabgabe à la Schäuble ein Witz ist. Die Bankenbranche schonen und die Krise lösen, beides geht eben nicht." Harsche Kritik an Rösler äußerten auch die Grünen. Die Aussage des Wirtschaftsministers, ein Euro-Austritt hätte seinen Schrecken verloren, sei "politisch naiv und beschädigt das Bild Deutschlands als verlässlichen Partner in Europa", sagte der europapolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Manuel Sarrazin, "Handelsblatt-Online".
"Gleichzeitig spielt Rösler mit dem Feuer." Es sei "absurd", einen Euro-Austritt als Mitglied der Bundesregierung geradezu herbeizureden, während der Bundestag Milliardenhilfen beschließe um die Kapitalflucht aus einigen Euro-Staaten zu! stoppen . "Rösler sorgt für zusätzliche Verunsicherung und Destabilisierung: Mit der FDP in der Bundesregierung kann vom Stabilitätsanker Deutschland keine Rede mehr sein", sagte Sarrazin.
Quelle: dts Nachrichtenagentur