Frau Merkel, mein Bauch ist kein Chemiestandort!
Archivmeldung vom 17.11.2005
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittSchwangere Frauen protestierten heute vor der CDU-Parteizentrale in Berlin gegen die Belastung ihres Körpers mit Industriechemikalien. Auf ihren Bäuchen tragen die Schwangeren die Aufschrift "Mein Bauch ist kein Chemiestandort!". Bis zu 300 Industriechemikalien aus Alltagsprodukten wurden bereits im menschlichen Blut und in der Muttermilch nachgewiesen.
Das
EU-Parlament berät heute in Straßburg in erster Lesung über die
EU-Chemikalienverordnung REACH (Registrierung, Evaluierung und
Autorisierung von Chemikalien). Auf Druck der CDU/CSU hat die
Bundesregierung im Koalitionsvertrag angekündigt, sich für eine
Abschwächung von REACH zu Gunsten der Industrie stark zu machen.
"Frau Merkel sollte sich als angehende Mutter der Nation nicht nur
für BASF und Bayer einsetzen, sondern auch für die Gesundheit unserer
Kinder", fordert Greenpeace Chemie-Expertin Ulrike Kallee.
"Umweltgifte finden sich schon am Ursprung des Lebens, in der
Nabelschnur." Wie eine im September publizierte Greenpeace-Studie
zeigt, können Chemikalien bereits durch die Nabelschnur auf das Baby
übertragen werden. Chemikalien, die werdende Mütter über die Haut,
mit der Nahrung oder der Atemluft aufnehmen, können zu Missbildungen
beim Kind führen. Auch Allergien und Krebs im Kindesalter werden mit
Chemikalien im Mutterleib in Verbindung gebracht.
Bereits im Vorfeld der heutigen Entscheidung zu REACH im
EU-Parlament haben sich die Abgeordneten der beiden größten
Fraktionen - Konservative und Sozialisten - auf einen Kompromiss
verständigt. Darin wird der Vorschlag der Europäischen Kommission
massiv zu Gunsten der Industrie abgeschwächt. "Wenn das
Chemikalienrecht REACH in dieser Form vom Parlament verabschiedet
wird, werden wir für über 90 Prozent der Chemikalien weiterhin nicht
erfahren, ob sie Krebs erregend sind oder der Fortpflanzungsfähigkeit
schaden", sagt Kallee.
Nach der heutigen Parlamentsabstimmung liegt der Ball bei den
Mitgliedsstaaten. Der EU-Ministerrat muss noch sein Votum abgeben,
bevor REACH ein für alle EU-Staaten verbindliches Gesetz wird. Über
den Ministerrat will Angela Merkel dafür sorgen, dass die deutsche
Chemieindustrie kaum Untersuchungen über die Gefährlichkeit ihrer
Chemikalien vorlegen muss. "Das ist kurzsichtige und
verantwortungslose Politik.
REACH wird die Chemieindustrie gerade mal
0,05 Prozent ihres Jahresumsatzes kosten. Dem gegenüber stehen
geschätzte Einsparungen von 50 Milliarden Euro im europäischen
Gesundheitswesen. Erst diese Woche hat die BASF, Europas größter
Chemiekonzern, eine Umsatzsteigerung von elf Prozent bekannt
gegeben", sagt Kallee.
Quelle: Pressemitteilung Greenpeace