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Deutsche Umwelthilfe: Politik gibt naturschutzrechtliche Eingriffsregelung zum Abschuss frei

Archivmeldung vom 24.06.2006

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.06.2006 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt

Bund und Länder stellen mit weiterer Änderung Eckpfeiler des Naturschutzes in Deutschland in Frage - Regierungsfraktionen sollen nach Ansicht der DUH im Bundestag Zustimmung verweigern.

Im Rahmen der Nachverhandlungen zur Föderalismusreform drohen beim Umwelt- und Naturschutzrecht in letzter Minute weitere Verschlechterungen. Auf Betreiben der Mehrheit der Ministerpräsidenten haben sich Bund und Länder nach Informationen der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) am Donnerstag darauf verständigt, dass die so genannten abweichungsfesten Kerne, das heißt die Bundesgesetzen vorbehaltenen Bereiche, noch weiter ausgehöhlt werden sollen, als bislang im Gesetzentwurf vorgesehen. Konkret ist beabsichtigt, dass statt der "Grundsätze des Naturschutzes" nur noch die "allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes" vor einer Aufweichung durch die Länder sicher sein sollen. "Was klingt wie semantischer Kleinkram, bedeutet in der Wirklichkeit, dass die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nun endgültig zum Abschuss durch die Länder freigegeben wird", warnte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung gilt unter Fachleuten als Eckpfeiler und Erfolgsinstrument des deutschen Naturschutzes insgesamt. Sie stellt bislang sicher, dass Eingriffe in Natur und Landschaft nur zulässig sind, wenn sie anderswo entsprechend kompensiert werden. "Die Mehrheit der Ministerpräsidenten wollte diese Schutzregelung in der Endphase der Diskussion still und leise entsorgen. Natur und Landschaft in Deutschland würden so zur Verfügungsmasse für Wirtschaft und Projektträger von Infrastrukturmaßnahmen. Skandalös ist, dass öffentlich Detailverhandlungen über Verbesserungsmöglichkeiten des defizitären Gesetzentwurfs angekündigt wurden, während es hinter verschlossenen Türen längst um weitere Änderungen zu Lasten von Umwelt und Naturschutz ging", so Resch.

Die Regierungsfraktionen forderte Resch auf, sich bei der Abstimmung im Bundestag am 30. Juni entschieden gegen diese Versuche der weiteren Aushöhlung des rechtlichen Status Quo zu stellen. "Die Föderalismusreform ist kein Basar, auf dem etwa die Abschaffung der so genannten Erforderlichkeitsklausel im Abfallrecht mit einer massiven Abwertung des Naturschutzes erkauft werden kann. Leider scheinen das aber maßgebliche Politiker genauso zu sehen", sagte Resch.

"Bemerkenswert", nannte es die Leiterin Verbraucherschutz und Recht bei der DUH, Cornelia Ziehm, "dass viele Ministerpräsidenten noch während der Anhörung zur Föderalismusreform schworen, von den in der Fachwelt kritisierten geplanten Abweichungsrechten gar keinen Gebrauch machen zu wollen, mit dem aktuellen Coup nun aber sogar die Ausweitung ihrer Spielräume betreiben. So wächst kein Vertrauen in die Politik", fügte Ziehm hinzu. Noch bevor die Föderalismusreform in Kraft getreten sei, zeigten die Ministerpräsidenten, wie Recht alle jene hatten, die hinter der Hartnäckigkeit der Länderchefs eine klare Strategie gegen die erreichten Umwelt- und Naturschutzstandards in Deutschland vermuteten. Damit bestätige sich früher als befürchtet die politische Regel, dass Konsequenzen von Gesetzesänderungen nicht von Beteuerungen beteiligter Politiker abhängen, sondern von den Spielräumen, die die Änderungen eröffnen. Ziehm: "Dass bei der größten Grundgesetzänderung seit 1949 Sacherfordernisse des Umwelt- und Naturschutzes bis zum Schluss systematisch ausgeklammert werden, ist ein Armutszeugnis für die Politik."

Die Deutsche Umwelthilfe e. V. hatte erst in der vergangenen Woche nach einer Analyse eines Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags darauf hingewiesen, dass die Föderalismusreform in der geplanten Form voraussichtlich nicht zur Aufhebung der Blockade zwischen Bundestag und Bundesrat führen werde. Diese in der Öffentlichkeit weit verbreitete Erwartung sei das Ergebnis einer "inszenierten Fehlinterpretation" des Bundestags-Gutachtens. (s. PM vom 16, Juni 2006 unter www.duh.de) Damit würden entgegen den Versprechungen der Politik nicht einmal die Kernziele der Reform erreicht.

Quelle: Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe e. V.

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