CDU-Politiker Wolfgang Bosbach warnt vor Übertreibungen etwa beim Gendern: "Ich möchte so schreiben, wie ich spreche"
Archivmeldung vom 28.10.2022
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDer CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sieht übertriebenes Gendern als Gefahrenpotenzial für gesellschaftliche Spaltung. "Versuche von Volkserziehung und Umerziehung stießen anfänglich in der Regel auf ein geteiltes Echo, sagte der 70-Jährige dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Bosbach weiter: "Aber irgendwann wird es den Leuten zu viel. Und dann kippt es in Ablehnung: 'Das lasse ich mir jetzt nicht mehr bieten.'" Erst gehe man mit Worten aufeinander los, dann mit Fäusten. "Wenn eine Gesellschaft mal so weit ist, dann ist der Ruf nach der 'harten Hand' oder dem 'starken Mann' nicht mehr weit", so Bosbach.
Für sich selbst nehme er in Anspruch, so zu schreiben, wie er spreche. "Ich möchte nicht, dass ich mir jedes Wort dreimal überlegen muss, damit sich nur ja niemand aufregt." Eine klare Trennlinie verlaufe aber da, wo Menschen vorsätzlich diskriminiert oder herabgesetzt würden. "Genau das darf nicht sein." Deshalb habe er sich zum Beispiel das N-Wort "immer schon verkniffen, weil es verletzend ist".
Bosbach, der in seinem neuen Buch vor einem Vertrauensverlust der Politik warnt, nannte im Gespräch als Beitrag zu dieser Entwicklung auch das jüngste "Machtwort" von Bundeskanzler Olaf Scholz. "Wer soll denn die Geschichte glauben, dass der Kanzler über die Köpfe der Grünen hinweg und gegen deren Willen längere Laufzeiten für alle drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke durchgesetzt hat?", fragte Bosbach. Tatsächlich sei es im Konflikt zwischen den Ampel-Parteien um eine gesichtswahrende Lösung für alle Beteiligten gegangen. "Da bot sich die Richtlinienkompetenz des Kanzlers an." Die SPD könne nun die Führungsstärke ihres Kanzlers rühmen. Die Grünen könnten ihre Basis beruhigen, indem sie sagen: Wir wollten es ja verhindern, aber der Kanzler hat anders entschieden." Und die FDP könne behaupten, dass sie sich durchgesetzt habe.
Das Ganze sei zwar clever gemacht, räumte Bosbach ein, der bis 2017 für die CDU im Bundestag saß. Der Vorgang sei aber "auch kritikwürdig, weil offensichtlich inszeniert und weil ein falsches Bild der politischen Abläufe gezeichnet wird." Die Politik erwecke beim Publikum oft selber derart hohe Erwartungen, dass sie diese im Alltag kaum erfüllen könne, kritisierte Bosbach.
Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger (ots)