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Historiker kritisieren Neufassung des Paragrafen 130 StGB zur Volksverhetzung

Archivmeldung vom 16.11.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 16.11.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Die BRD ist mit direkten und indirekten Zensurmaßnahmen weltführend (Symbolbild)
Die BRD ist mit direkten und indirekten Zensurmaßnahmen weltführend (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /SB

Historiker kritisieren die Neufassung des Paragrafen 130 StGB zum Thema Volksverhetzung. "Ich sehe eine Gefahr darin, dass Erinnerungskultur die Geschichtswissenschaft überschreibt, die sich der Wahrheitssuche verpflichtet sieht. Es kann nicht sein, dass Tabus aufgerichtet werden, unter denen diese Wahrheitssuche leiden könnte", sagte Andreas Wirsching, Direktor des Instituts für Zeitgeschichte in München, der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Nach dem neuen Absatz 5 des Gesetzes soll künftig mit Strafe bedroht sein, wer Völkermord oder Kriegsgräuel leugnet. Bislang galt diese Bestimmung für den Holocaust.

Andreas Wirsching und sein Kollege Lutz Raphael, Vorsitzender des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands (VHD), bemängeln, dass Vertreter der Geschichtswissenschaft vor der Neufassung des Gesetzes nicht konsultiert worden sind. "Mit der neuen Regelung gerät jede Äußerung eines Historikers, die auf eine Klärung von Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit abzielt, in Gefahr, als Verleugnung angesehen zu werden", verweist Lutz Raphael auf die Gefahr, dass die neue gesetzliche Bestimmung die freie Arbeit der Geschichtswissenschaft behindern könnte.

"Es kann nicht sein, dass Historiker durch ein bestimmtes Meinungsklima daran gehindert werden, mit ihren Befunden und Argumenten an die Öffentlichkeit zu gehen", warnte Lutz Raphael. Sein Kollege Andreas Wirsching appellierte: "Ich plädiere dafür, Geschichtswissenschaft und Erinnerungskultur zu trennen. Historische Wahrheit ist oft nicht eindeutig zu fassen. Sie lebt von unterschiedlichen Perspektiven, die zu Wort kommen müssen. Erinnerungskultur aber braucht Eindeutigkeit."

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)


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