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Kartellamt: Bahn missbraucht Marktmacht bei Mobilitätsplattform

Archivmeldung vom 28.06.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 28.06.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Bild: Bundeskartellamt
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Bild: Bundeskartellamt

Nach einer Entscheidung des Bundeskartellamtes verstößt die Deutsche Bahn gegen das Kartellrecht, indem sie ihre Marktmacht gegenüber Mobilitätsplattformen missbraucht. Man habe der DB aufgegeben, bestimmte Verhaltensweisen und Vertragsklauseln zu ändern, teilte die Behörde am Mittwoch mit.

"Die Dienstleistungen von Mobilitätsplattformen, Reisenden eine integrierte Routenplanung zu ermöglichen, sind ohne die Einbindung der Angebote und der Verkehrsdaten der Deutschen Bahn nicht denkbar", sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt.

Daher unterfalle die Deutsche Bahn der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht und habe besondere Pflichten gegenüber anderen Unternehmen. Konkret gehe es um die Weitergabe von Daten, Werbeverbote, vertikale Preisvorgaben, weitreichende Rabattverbote und das Vorenthalten verschiedener Provisionen für die Drittplattformen. Ohne eine wirksame kartellrechtliche Durchsetzung könnten die Geschäftsmodelle von Mobilitätsplattformen nicht im Wettbewerb zur Deutschen Bahn funktionieren, so Mundt. Mobilitätsplattformen bieten ihren Kunden vergleichende Informationen für Reiserouten mit verschiedenen Verkehrsmitteln und verkehrsträgerübergreifend sowie die Buchung entsprechender Tickets und Fahrkarten an. Die DB sei einerseits das marktbeherrschende Schienenverkehrsunternehmen und andererseits selbst eine marktstarke Mobilitätsplattform mit ihrem Portal "bahn.de" und mit ihrer App "DB Navigator".

Nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes soll die DB ihre Schlüsselstellung auf den Verkehrs- und Infrastrukturmärkten nutzen, um den von dritten Mobilitätsplattformen ausgehenden Wettbewerb einzuschränken. Wettbewerbswidrige Vertragsklauseln der DB sind aus Sicht des Kartellamtes Werbeverbote, vertikale Preisvorgaben, weitreichende Rabattverbote sowie die Vorenthaltung einer Inkassoprovision. Nach der zwischenzeitlichen Ankündigung der DB, Mobilitätsplattformen auch keine Provision für die Vermittlung von DB-Fahrkarten mehr zahlen zu wollen, stand im Verfahren zudem die Pflicht zur Zahlung einer solchen Provision nach kartellrechtlichen Entgeltmaßstäben in Rede. Zum anderen verweigere die Bahn den Mobilitätsplattformen den fortlaufenden und diskriminierungsfreien Zugang zu allen von der DB kontrollierten Verkehrsdaten in Echtzeit, die für die Organisation und Buchung von Reisen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unerlässlich seien.

Dies betreffe Verspätungsdaten des Schienenpersonenverkehrs ebenso wie Zugausfälle oder ausgefallene bzw. zusätzliche Halte, die Gründe für Verspätungen oder Ausfälle, zusätzliche Fahrten oder Ersatzverkehre, aktuelle Gleisangaben oder Gleiswechsel und Daten zu Großstörungsereignissen. Zwar sei die DB durch die seit dem 7. Juni 2023 geltende neue EU-Fahrgastrechteverordnung verpflichtet, Prognosedaten für die Information der Reisenden zu tei len - nach der Auffassung des Bundeskartellamtes reicht das für die Abstellung des kartellrechtlichen Verstoßes aber nicht aus. Die EU-Fahrgastrechteverordnung erfasse nicht alle erforderlichen Prognosedaten und lasse wichtige Aspekte der kommerziellen und technischen Umsetzung regelungsbedürftig, hieß es weiter. Deshalb hat das Bundeskartellamt der DB unter anderem auferlegt, dass die Mobilitätsplattformen zukünftig ohne vertragliche Beschränkungen seitens der DB auch unter Verwendung DB-spezifischer Begriffe von den Möglichkeiten der Online- und App-Store-Werbung Gebrauch machen können müssen.

Außerdem soll Online-Partnern der DB die Möglichkeit eingeräumt werden, beim Verkauf von Bahn-Tickets eigene Rabattaktionen, Bonuspunkt- oder Cashback-Programme einzusetzen. Die DB habe ferner Mobilitätsdienstleistern, die für sie beim Fahrkartenvertrieb die Buchungs- und Zahlungsabwicklung übernehmen, zukünftig ein an kartellrechtlichen Mindeststandards orientiertes Leistungsentgelt zu zahlen, so das Amt. Der Konzern reagierte auf den Beschluss des Kartellamts "mit großem Unverständnis". Kritisiert wurde unter anderem, dass er "weit über die ursprünglichen Forderungen" hinausgehe. Ursprünglich sei die Weitergabe von Echtzeitdaten der Kernpunkt der Beschwerde gewesen.

Dazu habe man frühzeitig deutlich gemacht, dass man seine Echtzeitdaten als Teil eines europaweiten Paketes zur Verbesserung der Fahrgastrechte ab dem 7. Juni den Vertriebspartnern teilen werde, so der Konzern. Nun verpflichte das Kartellamt die Bahn, Online-Plattformen für den Verkauf von DB-Fahrscheinen zu vergüten, "selbst wenn deren Leistungen aufgrund sehr gut ausgebauter eigener DB-Vertriebskanäle keinen Mehrwert für die DB bieten". Der DB würden damit "finanzielle Mehrbelastungen" auferlegt, die im zu höheren Ticketpreisen und weniger Investitionen führen könnten, hieß es weiter. Das Bundeskartellamt greife in Kernfragen in die unternehmerische Freiheit der DB ein. Man werde Rechtsmittel gegen den Beschluss einlegen, kündigte die Bahn an.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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