Covid-Patienten mit Migrationshintergrund: Özdemir fordert "Infokampagne mit Promis und Medizinern"
Archivmeldung vom 09.03.2021
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićNach Berichten über einen hohen Anteil von Corona-Patienten mit Migrationshintergrund fordert Ex-Grünen-Chef Cem Özdemir eine gezielte Aufklärungskampagne: "Erst mal müssen wir endlich begreifen, dass wir einen Teil der aus der früheren Sowjetunion und der Türkei Stammenden hier kaum über unsere klassischen Kanäle erreichen", sagte Özdemir im Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
Özdemir weiter: "Deshalb braucht es endlich mehrsprachige öffentlich-rechtliche Angebote, in denen dann beispielsweise auch über Corona informiert werden kann, um Falschmeldungen und Gerüchten etwas entgegenzusetzen."
Vor dem Integrationsgipfel an diesem Dienstag im Kanzleramt warb Özdemir für "bundesweite mehrsprachige Corona-Hotlines und eine schnelle Werbe- und Infokampagne mit Promis und Medizinern in den entsprechenden Sprachen", damit sich herumspreche, "wie man sich wirkungsvoll schützt und was es mit dem Impfen und den Impfstoffen auf sich hat". Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei gefragt: "Warum wendet sich die Bundeskanzlerin beispielsweise nicht mal auf Russisch an die russischsprachige Community?", fragte Özdemir.
Der Grünen-Abgeordnete reagierte auf Schilderungen von Medizinern, wonach auf manchen Intensivstationen besonders viele Corona-Patienten mit Migrationshintergrund behandelt werden. Das Thema dürfe nicht länger tabuisiert werden, sagte Özdemir. "Es sind viele Faktoren, die zusammenkommen: Covid trifft die Ärmeren härter, und es ist kein Geheimnis, dass davon viele einen Migrationshintergrund haben", sagte er und erklärte: "Sie haben die Jobs, die sich nicht im Homeoffice ausführen lassen, sie leben in beengten Wohnverhältnissen mit mehreren Generationen unter einem Dach. Aber es gibt eben auch eine Informationslücke und leider hier und da auch Ignoranz gegenüber der Gefährlichkeit der Pandemie."
Die Politik habe zu spät reagiert, beklagte Özdemir, dessen Eltern aus der Türkei nach Deutschland eingewandert waren. "Direkte Ansprache von besonders betroffenen Gruppen ist bei uns in Deutschland leider immer noch weitgehend Fehlanzeige." Es gehe dabei nicht darum, mit dem Finger auf eine Gruppe zu zeigen und zu sagen "die wollen nicht, die gefährden uns alle", sondern um die angemessene Information eines Teils der Gesellschaft. "Als ich nach meiner Erkrankung mein Erklär-Video auf Deutsch und auf Türkisch gepostet habe, gab es auch Kopfschütteln", stellte Özdemir mit Befremden fest. "Genauso, als ich jüngst die beiden Impfungen meiner Mutter, bei denen ich sie in Stuttgart begleitet habe, online gestellt habe. Ich habe dies bewusst getan, um zu zeigen: Die Impfung ist unser Weg aus der Pandemie, nehmt es bitte ernst und schützt euch und andere."
Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung (ots)