Koalition gibt sich mit kleiner Lösung beim Bundeswehr-Einsatz im Inneren für diese Legislatur zufrieden
Archivmeldung vom 18.10.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Koalitionsparteien haben, nach einem Bericht der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch-Ausgabe), noch keinerlei "belastbaren politischen Verhandlungsstand" in der Frage einer Grundgesetzänderung zur Ermöglichung eines des Bundeswehreinsatzes im Inneren erreicht.
Das bestätigte Bundesjustizministerin Brigitte
Zypries (SPD) gegenüber der Zeitung. Damit wird es keine
Verständigung in der Koalition bis zur Beratung und Entscheidung des
Bundeskabinetts über das Weißbuch der Bundesregierung zur
Sicherheitspolitik geben. Am 25. Oktober wird sich das Kabinett mit
em Weißbuch befassen. "Wir sind noch immer in der Phase der
Vorbesprechung auf Beamtenebene. Es gibt aber noch keinerlei
politischen Beratungsstand", sagte Frau Zypries.
Zugleich wurde der Zeitung aus zuständigen Kreisen der
Bundesregierung bestätigt, dass man sich grundsätzlich einig sei, es
in dieser Legislaturperiode bei einer "kleinen Lösung" bewenden zu
lassen. Eine "große Lösung", wie sie der Union mit einem generellen
Eingriffsrecht der Bundeswehr im Inneren in Fällen terroristischer
Bedrohung vorschwebt, sei damit bis zur Neuwahl und einer neuen
Regierungsbildung "abgehakt".
Strittig bleibt danach bis jetzt zwischen Innen-, Verteidigungs-,
Außen- und Justizministerium, in welcher Form der Artikel 35 und der
Artikel 87a des Grundgesetzes zu ergänzen sei, so dass die Bundeswehr
zur Unterstützung der Polizei bei Katastrophen, bei Unglücksfällen
und "zur unmittelbaren Abwehr von Angriffen auf die Grundlagen des
Gemeinwesens" auch militärische Abwehrmittel einsetzen darf, wie dies
vom Verteidigungs- und vom Innenministerium gefordert wird. Diese
Regelung bezöge sich lediglich auf eine Grundgesetz-Anpassung im
Vollzug des Luftsicherheitsgesetzes bei konkreter terroristischer
Bedrohung von See aus und aus der Luft.
Auf dieser Basis habe man sich im Zusammenhang mit dem fertig
abgestimmten Weißbuch zur Sicherheitspolitik auf zwei entscheidende
Passagen zum Bundeswehr-Einsatz im Inneren verständigt. Das Weißbuch,
das der Zeitung vorliegt, soll am kommenden Mittwoch in einer
Sondersitzung des Bundeskabinetts im Berliner Amtssitz des
Verteidigungsministers beraten und beschlossen werden. Grundsätzlich
sind CDU, CSU und SPD laut Weißbuch der Bundesregierung der Ansicht:
"Streitkräfte müssen darauf eingestellt sein, auch im Inland ihre
Fähigkeiten unterstützend für die Sicherheit und den Schutz unserer
Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung zu stellen."
Zur konkreten Terrorabwehr im Inneren mit Hilfe der Bundeswehr heißt
es in dem Weißbuch unter anderem: "Die Abwehr terroristischer und
anderer asymmetrischer Bedrohungen innerhalb Deutschlands ist
vorrangig eine Aufgabe der für die innere Sicherheit zuständigen
Behörden von Bund und Ländern. Jedoch kann die Bundesregierung zu
ihrer Unterstützung mit den von ihr bereitgehaltenen Kräften und
Mitteln immer dann im Rahmen geltenden Rechts zum Einsatz kommen,
wenn nur mit ihrer Hilfe eine derartige Lage bewältigt werden kann."
Militärische Kampfmittel dürften dabei bislang nicht eingesetzt
werden. "Hier sieht die Bundesregierung die Notwendigkeit einer
Erweiterung des verfassungsrechtlichen Rahmens."
Anders als in der jüngeren Vergangenheit soll die Bundeswehr der
Zukunft sich wieder stärker auch um die eigentlichen
Verteidigungsaufgaben kümmern. "Angesichts der wachsenden Bedrohung
des deutschen Hoheitsgebietes durch terroristische Angriffe gewinnt
der Schutz der Bürgerinnen und Bürger und der Infrastruktur an
Bedeutung." Internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung
einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus
seien auf absehbare Zeit die wahrscheinlicheren Aufgaben. "Sie sind
strukturbestimmend und prägen maßgeblich Fähigkeiten,
Führungssysteme, Verfügbarkeit und Ausrüstung der Bundeswehr."
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung