Merkel stößt Diskussion über mehr Geld für die Bundeswehr an
Archivmeldung vom 06.09.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlBundeskanzlerin Angela Merkel hat sich kritisch über den Zustand der Bundeswehr geäußert und gleichzeitig eine Diskussion über die Höhe des Verteidigungsetats angestoßen. In der ZEIT unterstützt sie die Auffassung, wonach der Zustand der Bundeswehr verbessert werden könne.
Mit Blick auf die zahlreichen
Auslandseinsätze und die kommende Libanon-Mission erklärt die
CDU-Politikerin: "Deshalb müssen wir uns insgesamt fragen, ob die
Strukturen unserer Streitkräfte zukunftstüchtig sind".
Die Bundeskanzlerin erinnert daran, dass Deutschland gemessen am Bruttosozialprodukt weniger für die Armee ausgebe als Finnland, Norwegen oder Holland und sogar deutlich weniger als Italien, Frankreich, Großbritannien oder die USA. Man werde "nicht sagen können, dass die Verteidigungsausgaben in den nächsten 20 Jahren sakrosankt sind", sagt Merkel. Das betreffe aber nicht den Haushalt 2007/2008. "Eine deutsche Regierung kann jetzt nicht sagen: In den nächsten Jahrzehnten bitte keine neuen Konflikte, weil wir uns das nicht leisten können!", sagt die Bundeskanzlerin.
Merkel schließt vorerst aus, dass sich die Bundeswehr in größerem
Maße als bisher an einem möglichen internationalen Einsatz im Sudan
beteiligen wird. Die dort laufende Mission sei wichtig, "aber darüber
hinaus sehe ich keinen deutschen Einsatz in Darfur".
Im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg hat Merkel den USA eine falsche Lageeinschätzung in dem Land attestiert. Der Stabilisierungsprozess im Irak sei "sehr viel komplizierter, als gerade die USA das am Anfang gehofft" habe, erklärt die Bundeskanzlerin in der ZEIT. Den von Präsident Bush kürzlich verwendeten Begriff des "islamischen Faschismus" wies Merkel als unpassend zurück. "Das ist nicht meine Sprache und passt auch nicht in unsere historische Entwicklung."
Für den Kampf gegen den "islamistisch motivierten Terrorismus"
formuliert Merkel eine "Vier-Säulen"-Strategie zur Stabilisierung
gefährdeter Staaten. Diese sieht Demokratisierung, Stärkung des
Gewaltmonopols und wirtschaftliche Unterstützung und nur "in
Einzelfällen militärische Mittel" vor.
Merkel rechtfertigt das deutsche Engagement im Nahen Osten und zeigt sich besorgt, "dass Israel heute stärker als noch vor ein paar Jahren um sein Existenzrecht bangen muss".
Im Atomkonflikt mit dem Iran plädiert Merkel für "diplomatisches
Vorgehen". Hingegen seien militärische Mittel "keine Option im Umgang
mit dem Iran". Die Bundeskanzlerin lobt die kooperative Haltung
Chinas in der Auseinandersetzung um das Atomprogramm. Zugleich
kritisiert sie aber, dass "China etwa in Afrika nur einseitig nach
seinen Rohstoffinteressen vorgeht". Eine Veto-Macht im
UN-Sicherheitsrat müsse "sich über ihre eigenen unmittelbaren
ökonomischen Interessen hinaus aktiv an der Gestaltung der Welt
beteiligen."
Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT