Anwalt Harald Nickel: Ungenügendes Infektionsschutzgesetz - Berufsverbote nach aktuellem Stand nicht legitimiert
Archivmeldung vom 04.11.2020
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 04.11.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttWie zwischenzeitlich verlautet, wird fieberhaft an einer Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gearbeitet, um Corona-Restriktionen gegen Unternehmen für die Zukunft zu legalisieren.
Das Fehlen der Rechtsgrundlage für Unternehmensbeschränkungen hatte der Hanauer Rechtsanwalt Harald Nickel von Nickel Rechtsanwälte, Hanau, bereits zu Beginn des ersten Lockdowns kritisiert und gefordert, in einer gesetzlichen Neuregelung Entschädigungsansprüche für alle Sonderopfer zu verankern. Im Rahmen eines von ihm Anfang Mai 2020 veröffentlichten Rechtsgutachtens hatte er darauf hingewiesen, dass das bestehende IfSG lückenhaft sei und die seinerzeit erlassenen Maßnahmen - darunter insbesondere auch die Berufsverbote - nicht legitimiert seien. Dies gelte nun gleichermaßen für die Maßnahmen des zweiten Lockdowns. Deshalb habe er für Betroffene neben einem Normenkontrollantrag auch einen Eilantrag auf Aussetzung von Berufsverboten für Gastronomen am 03.11.2020 beim Hessischen VGH angebracht.
Die Bundesregierung und der Bundestag hätten es spätestens mit Aufkommen der ersten kritischen juristischen Stellungnahmen versäumt, das Gesetz auf die Erfordernisse der Corona-Pandemie anzupassen, so Nickel. Dies solle nun mit heißer Nadel gestrickt nachgeholt werden: "Mit den hektischen Aktivitäten, mit denen die bisher aus meiner Sicht fehlende Rechtmäßigkeit für diverse Maßnahmen des aktuellen Lockdowns legitimiert werden sollen, bestätigen die Bundesregierung und die sie unterstützenden Parteien im Bundestag faktisch die von mir vertretene Rechtsauffassung, dass gestützt auf das bestehende Infektionsschutzgesetz insbesondere Berufsverbote rechtswidrig sind und ohne eine entsprechende Änderung der gesetzlichen Grundlage und ohne angemessene Entschädigungsregelungen bzw. angemessene Entschädigungen juristisch nicht haltbar sind. Das weitergedacht bedeutet auch, dass neben einer Entschädigung für Sonderopfer der Vergangenheit auch weitergehender Schadensersatz wahrscheinlicher wird."
Die Maßnahmen bestätigten also indiziell, dass es für bisherige Opfer von Berufsverboten Entschädigungen und darüber hinaus gehende Schadensersatzregelungen geben muss, so Rechtsanwalt Nickel, der bereits entsprechende Klagen auf den Weg gebracht hat.
Zum Hintergrund:
Das Gutachten "Entschädigung für Vermögensschäden aufgrund Betriebsbeschränkungen/-schließungen infolge Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG), stellvertretend am Beispiel Hessen" wurde vom Fachärzteverband Integrative Versorgung e.V. (FIV), Seligenstadt/Hessen, Mitte März 2020 in Auftrag gegeben und Anfang Mai 2020 veröffentlicht.
Harald Nickel ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Lehrbeauftragter für europäisches Vergaberecht. Er agiert als Syndikus- bzw. Vertragsanwalt bedeutender Unternehmen und Verbände sowie als ständiger rechtlicher Berater und Vertreter mehrerer deutscher Städte und Gemeinden. https://www.nickel.de/
Quelle: Harald Nickel Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft (ots)