BMF: Berlin steckt in keiner echten Haushaltsnotlage, spart nicht genügend und instrumentalisiert das anstehende Verfassungsgerichtsurteil für parteipolitische Zwecke in den laufenden Koalitionsverhandlungen
Archivmeldung vom 17.10.2006
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDie Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks (SPD), hat dem Berliner Senat mangelhafte eigene Sparanstrengungen vorgehalten und bestritten, dass Berlin unter einer wirklichen Haushaltsnotlage leide.
Gegenüber der "Leipziger
Volkszeitung" (Dienstag-Ausgabe) kritisierte die SPD-Politikerin
zugleich die Spekulationen Berliner Landespolitiker zum Ausgang des
Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgerichts über zusätzliche
Berlin-Subventionen. "Sie dienten wohl in erster Linie landes- oder
parteipolitischen Erwägungen im Zusammenhang mit den gegenwärtigen
Koalitionsverhandlungen in der Hauptstadt nach der Wahl."
Die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht habe, nach Auffassung der Bundesregierung, "keine überzeugenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs bei Berlin gegeben sind", betonte Frau Hendricks. "Die Hauptstadt befindet sich schon deshalb nicht in einer extremen Haushaltsnotlage, weil in Berlin die Erfüllung von verfassungsrechtlich zugewiesenen Aufgaben in keiner Weise beeinträchtigt ist."
Der Anspruch Berlins ergebe sich auch nicht, wie von Berlin
geltend gemacht, durch Anwendung der Kriterien, anhand derer das
Bundesverfassungsgericht in dem Urteil aus 1992 eine extreme
Haushaltsnotlage des Saarlandes und Bremens festgestellt habe. "Die
in diesem Urteil angewandten Indikatoren sind auf die heutigen
Verhältnisse in Berlin nicht übertragbar, weil sich das
finanzwirtschaftliche Umfeld insgesamt grundlegend verändert hat",
unterstrich die Staatssekretärin. "Aber selbst wenn man diese
Indikatoren anwendet, erfüllt Berlin danach die Voraussetzungen für
eine extreme Haushaltsnotlage nicht."
Berlin habe nach Auffassung der Bundesregierung "in der Vergangenheit keine hinreichenden Eigenanstrengungen zur Verbesserung seiner Haushaltslage erbracht", meinte die SPD-Politikerin. "Die Hauptstadt muss insbesondere sein im bundesdeutschen Vergleich und auch im Vergleich der Stadtstaaten deutlich überhöhtes Ausgabenniveau weiter strikt unter Kontrolle halten", verlangte Frau Hendricks von dem von ihrem Parteifreund Klaus Wowereit angeführten Berliner Senat.
Die von Berlin begehrten Sanierungszahlungen in Form von
Sonder-Bundesergänzungszuweisungen (bis zu 35 Milliarden Euro) würden
das rechtliche Instrument der Sonder-Bundesergänzungszuweisungen
zudem überfrachten, da diese nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichtes und nach dem geltenden ,Maßstäbegesetz'
"lediglich eine Ergänzungsfunktion zum Länderfinanzausgleich haben
und diesen nicht ersetzen oder überlagern dürfen".
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung