Ausweitung von Asylverfahren an den Außengrenzen gefährdet Flüchtlingsschutz in Europa
Archivmeldung vom 02.05.2023
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Freigeschaltet durch Mary SmithAnlässlich der anstehenden Verhandlungen im Rat der Europäischen Union zur Reform des Europäischen Asylsystems erklärt das Deutsche Institut für Menschenrechte:
"Die Bundesregierung will sich laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser in den Verhandlungen auf EU-Ebene für Asylverfahren an den EU-Außengrenzen einsetzen. Diese sind zentrales Element der vorliegenden Reformvorschläge der EU-Kommission. Den Schutzsuchenden wird die Einreise während des Verfahrens formal nicht gestattet. Diese Vorgabe lässt sich in der Praxis nur durch geschlossene Aufnahmezentren oder erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit in Transitzonen oder auf kleinen Inseln durchsetzen. Für Asylsuchende aus bestimmten Herkunftsländern mit einer statistisch gesehen geringeren Schutzquote sollen solche Außengrenzverfahren verpflichtend werden.
Bereits jetzt werden europarechtliche Vorgaben für den Umgang mit Schutzsuchenden - wie eine menschenwürdige Unterbringung, der Zugang zu einem effektiven und fairen Asylverfahren, die Information über Rechte und die Identifizierung und Versorgung von Folteropfern und anderen besonders Schutzbedürftigen - an den EU-Außengrenzen oft missachtet. Eine weitergehende Etablierung von Außengrenzverfahren droht diese Zustände zu verfestigen und zu institutionalisieren.
Unter den Bedingungen von geschlossenen Aufnahmezentren oder einer anderweitig durchgesetzten Einschränkung der Bewegungsfreiheit ist die Gefahr einer Verletzung der Rechte von Schutzsuchenden ungleich höher. Der Europäische Gerichtshof hatte im Dezember 2020 in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn, die Unterbringung in Transitzonen an der serbisch-ungarischen Grenze als unzulässige Inhaftierung von Asylsuchenden angesehen.
Die Reformvorschläge lassen befürchten, dass Mitgliedstaaten, die bereits jetzt eine Abkehr von den asyl- und menschenrechtlichen Standards in der EU befürworten und teilweise schon praktizieren, das EU-Recht zukünftig als Legitimation für ihr Handeln nutzen.
Die Bundesregierung sollte sich vor dem Hintergrund der bereits jetzt bestehenden Verletzungen der europarechtlichen und menschenrechtlichen Vorgaben an vielen EU-Außengrenzen gegen Zentren an den EU-Außengrenzen aussprechen. Ein System, das vorrangig auf Abschreckung und die Auslagerung von Asylprüfungen an die Außengrenzen oder sogar in vermeintlich sichere Drittstaaten außerhalb der EU setzt, ist mit Deutschlands flüchtlings- und menschenrechtlichen Verpflichtungen nicht vereinbar."
Quelle: Deutsches Institut für Menschenrechte (ots)