Regierung: Schuldenbremse gewährt Spielraum im Kampf gegen Corona
Archivmeldung vom 11.03.2020
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Freigeschaltet durch André OttDie Schuldenbremse stellt offenbar kein Hindernis im Kampf gegen die Corona-Krise dar. Dies zeigen Berechnungen der Bundesregierung, über die das "Handelsblatt" berichtet. Danach vergrößert sich der Verschuldungsspielraum in einem Wirtschaftsabschwung stärker als bekannt.
Hätte die Schuldenbremse schon in der Finanzkrise vor zehn Jahren gegolten, hätte die Bundesregierung allein im Jahr 2009 rund 30 Milliarden Euro zusätzlich Schulden im Rahmen der Verfassungsregel machen dürfen. "Die Größenordnung zeigt, dass der Staat auch im Rahmen der Schuldenbremse in der Lage ist, kraftvoll auf Krisen zu reagieren", hieß es in Regierungskreisen.
Der Grund für den großen Spielraum ist die sogenannte "Konjunkturkomponente" der Schuldenbremse, die dem Staat umso mehr Schulden gestattet, je schlechter die konjunkturelle Lage ist. Zudem kann der Staat im Falle von "Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen", die Kreditgrenze der Schuldenbremse überschreiten. "Spielraum ist genug da. Es ist jedenfalls klar, dass bei Ereignissen wie dem Coronavirus, die sich der Kontrolle des Staates entziehen, mit der Kanzlermehrheit höhere Defizite beschlossen werden können", sagte der Wirtschaftsweise Lars Feld dem "Handelsblatt".
Der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum findet dagegen, die Schuldenbremse gehöre reformiert. Im Klartext hießen die Berechnungen, dass "bei strikter Einhaltung der Schuldenbremse zu Zeiten der Finanzkrise die Konjunktur in Deutschland noch viel stärker abgeschmiert wäre als ohnehin schon". Südekum gehört einem Kreis von sieben Ökonomen an, die am Mittwoch einen eigenen Krisenplan vorlegen. Darin halten die Experten laut eines Berichts des "Handelsblatts" den Spielraum der Schuldenbremse allerdings für ausreichend, um auf die Krise reagieren zu können.
Bartsch verlangt Merkel-Ansprache an Bevölkerung wegen Coronavirus
Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hat wegen der Coronavirus-Krise
eine klare Aussage von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an die Bevölkerung
gefordert. "In anderen Ländern haben sich die Regierungschefs an die
Bevölkerung gewandt. Das erwarte ich von Angela Merkel. Die ist mir da
viel zu ruhig", sagte Bartsch am Mittwoch in der Sendung "Frühstart" der
RTL/n-tv-Redaktion.
Er kritisierte, dass Merkel in einer Fraktionssitzung über die Prognose
gesprochen hatte, dass 70 Prozent der Deutschen sich mit dem Virus
infizieren könnten. "Das haben ja Virologen schon vorher gesagt. Das in
einer Fraktionssitzung zu sagen, finde ich unangemessen", so der
Linken-Politiker.
Merkel solle sich jetzt mit einer klaren Aussage an die Bevölkerung
wenden, "das kann auch zur Beruhigung beitragen". Kritik übte der
Linken-Politiker an der aus seiner Sicht fehlenden Einheitlichkeit der
Maßnahmen. "Auf der einen Seite wird die Eishockey-Bundesliga abgesagt,
auf der anderen Seite wird das NATO-Manöver Defender mit 37.000 Leuten
fortgesetzt. Ich glaube, da muss es ein klein wenig einheitliche
Maßstäbe geben", sagte Bartsch.
Er sei dafür, dass die Bundesregierung für Beruhigung sorge, "aber sie
sollte agieren". Auch bezüglich der Wirtschaft kritisierte Bartsch das
Agieren der Bundesregierung. "Da wird gesagt: `Wir brauchen jetzt ein
Investitionsprogramm.` Das war schon gesagt worden, als die Überschüsse
feststanden. Da muss man entschlossener, gradliniger handeln", so
Bartsch.
"Jetzt wäre auch die Zeit, dass man für Entlastung bei kleinen und mittleren Einkommen sorgt, um die Konjunktur zu befördern. Insgesamt ist mir das alles zu zögerlich." In dieser Situation habe die Opposition aber auch eine Verantwortung, so der Linken-Politiker. "Nicht eskalieren, sondern kritisieren, drauf aufmerksam, aber einen Beitrag dazu leisten, dass in unserem Land nicht die Hektik größer wird und die Verunsicherung bei den Menschen steigt." Bartsch macht sich nach eigenen Angaben jedoch Sorgen um die deutsche Wirtschaft. "Wenn man in die Messebranche schaut, wenn man in die Reisebranche schaut, da ist natürlich nicht nur Verunsicherung", so Bartsch. Ausdrücklich begrüßte er die Maßnahmen beim Kurzarbeitergeld. "Aber dass man bei Investitionen so zögerlich ist, das stört mich. Es gab relativ viele Verkündungen nach dem Koalitionsgipfel, aber da hätte ich mir mehr Engagement gewünscht, insbesondere natürlich vom Wirtschaftsminister."
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat aus Sicht des Linken-Politikers anfangs zu deutlich die Position vertreten "im Kern kriegen wir das alles hin". Im Wesentlichen habe Spahn die Krise bisher aber "vernünftig gemeistert", als Gesundheitsminister habe man auch seine Grenzen. "Zumindest ist der jemand, der täglich am Start ist", sagte Bartsch. "Aber ich glaube, auch Jens Spahn sieht, dass wir an einigen Punkten jetzt an heftige Grenzen kommen. Diese Prinzipien - `Just in time` führen natürlich dazu, dass bestimmte Dinge jetzt nicht mehr da sind. Oder `Geiz ist geil` - nein, hier sieht man klar, dass diese Prinzipien in der Gesundheitsbranche nicht gelten sollten", so der Linksfraktionschef. Gesundheit dürfe keine Ware sein, "das sollte uns diese Krise lehren, und wir sollten danach die eine oder andere Schlussfolgerung gemeinsam beraten".
FDP-Politiker Reinhold bestätigt positives Corona-Testergebnis
Der FDP-Politiker Hagen Reinhold ist als erster Bundestagsabgeordneter an der Lungenkrankheit Covid-19 erkrankt. "Ich habe am späten Mittwochnachmittag von der Bundestagsärztin das positive Testergebnis erfahren", sagte Reinhold den Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland". Erste Symptome seien nach einem Skiurlaub in Österreich aufgetreten. "Ich habe nach meiner Rückkehr leicht gehustet und mich am Montag von der Bundestagsärztin untersuchen lassen", so der FDP-Politiker weiter. Zurzeit sei er dabei, im Auftrag der Gesundheitsbehörden eine Liste mit Personen zu erstellen, mit denen er nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub in der vergangenen Woche in Kontakt gestanden habe. "Noch am Freitag habe ich eine Rede im Bundestag gehalten", sagte Reinhold. Er selbst habe die Krankheit inzwischen überwunden. Es gehe ihm gut. "Wichtiger sind die weiteren Konsequenzen für mein Umfeld und die Auswirkungen auf die Plenarsitzungen des Bundestages. Da scheint noch vieles unklar zu sein", so der FDP-Politiker.
Umfrage: Mehrheit mit Spahns Corona-Krisenmanagement zufrieden
Die bisherige Arbeit von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
in der Corona-Krise bewertet gut die Hälfte der Bundesbürger als sehr
gut (8 Prozent) oder gut (47 Prozent). Das ergab eine Blitzumfrage des
Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag von RTL und n-tv, die am
Mittwoch veröffentlicht wurde.
Demnach stufen 28 Prozent der Befragten Spahns Krisenmanagement als
weniger gut und 9 Prozent als schlecht ein. Einzig unter den Anhängern
der AfD überwiegt der Anteil derer, die meinen, Spahns bisherige Arbeit
in der Corona-Krise sei weniger gut oder schlecht.
Unterschiedlich fällt
die Einschätzung der Bundesbürger hinsichtlich der Frage aus, wie
Spahns Beliebtheit in der Bevölkerung durch dessen Krisenmanagement
beeinflusst wird. Laut Forsa sind 37 Prozent der Befragten der Meinung,
dass die Beliebtheit des Gesundheitsministers dadurch zunimmt.
27 Prozent gehen hingegen eher davon aus, dass Spahn dadurch an
Beliebtheit verliert. Weitere 26 Prozent der Befragten meinen, Spahns
Krisenmanagement in der Corona-Krise hätte keinen Einfluss darauf, wie
beliebt er in der Bevölkerung ist. Dass Spahns Beliebtheit dadurch
steigt, meinen die Anhänger der Union mehrheitlich. Das Krisenmanagement
der Bundesregierung insgesamt wird etwas kritischer bewertet als die
Arbeit des Gesundheitsministers.
43 Prozent der Befragten beurteilen laut Forsa die Arbeit der
Bundesregierung in der Corona-Krise als sehr gut (2 Prozent) oder gut
(41 Prozent). 52 Prozent finden, die Bundesregierung leiste
diesbezüglich weniger gute (40 Prozent) oder schlechte (12 Prozent)
Arbeit. Überwiegend negativ wird die bisherige Arbeit der
Bundesregierung in der Corona-Krise von den Anhängern der FDP, der
Linkspartei und vor allem der AfD bewertet.
Datenbasis: Für die Erhebung befragte Forsa im Auftrag der Mediengruppe RTL am 11. März 2020 insgesamt 1.008 Personen.
Über 2.000 Coronavirus-Infektionen in Deutschland
Halle (In Deutschland sind mindestens 2.027 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Das ergab eine Abfrage der dts Nachrichtenagentur bei den Landesministerien, Städten und Kreisen am Mittwochabend. Damit beträgt der Anstieg innerhalb eines Tages rund 30 Prozent. Allein in NRW gab es bis Mittwochabend 871 bestätigte Infektionen, davon 443 im Kreis Heinsberg. Dort sind auch zwei Personen an dem Infekt verstorben, ein weiteres Todesopfer gibt es in Essen. Unter den 20 größten deutschen Städten ist Wuppertal die einzige, in der bislang kein einziger Fall bestätigt wurde. Bezogen auf die Einwohnerzahl hat weiterhin München mit 6,0 bestätigten Infektionen je 100.000 Einwohner die höchste Dichte, gefolgt von Köln (5,0), Münster (4,2), Bonn (4,0) und Bremen (3,9). Bundesweit gab es bis Mittwochabend rund 2,5 bestätigte Infektionen je 100.000 Einwohner.
Quelle: dts Nachrichtenagentur