Union und SPD streiten ums Auslesen von Asylbewerber-Handys
Archivmeldung vom 29.05.2017
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 29.05.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttZwischen Union und SPD ist ein Streit um das Auslesen von Asylbewerber-Handys ausgebrochen. Zwar wird mit dem Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Erlaubnis erhalten, die Handys von Asylsuchenden mit ungeklärter Identität überprüfen zu dürfen - doch wegen datenschutzrechtlicher Bedenken ist es nur den wenigen Volljuristen im BAMF erlaubt, auf die Geräte zugreifen.
Ansgar Heveling (CDU), der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, sagte der "Welt": "Die begrenzte Zahl der Volljuristen in den etwas über 70 BAMF-Einrichtungen vor Ort reicht gewiss nicht aus, um die nötige Zahl an Auslesungen zu bewältigen." Der CDU-Politiker beurteilt "das Auslesen von Handys" als "eine sensible Aufgabe", weshalb "die Anforderungen zu Recht hoch" seien. "Diese sensible Bewertung können aber sicherlich auch andere erfahrene Beamte leisten und es sollte bei dieser Aufgabe auf die tatsächliche Qualität der Arbeit ankommen, nicht auf die formale Qualität der Ausbildung.
In anderen grundrechtssensiblen Bereichen werden schließlich ebenfalls nicht ausschließlich Volljuristen tätig". Burkhard Lischka, der innenpolitische Sprecher der SPD, sagte der "Welt": "Nach meinen Informationen aus dem BAMF, können die wenigen Volljuristen dort die Durchsuchung stemmen, weil Computerprogramme ihnen viel Arbeit abnehmen." Lischka begrüßt, dass das Bundesamt "ab Juni endlich in die Handys schauen darf - falls der Bundesrat nicht noch mit einem Vermittlungsausschuss dazwischen grätscht. Weil der Zugriff auf das Mobiltelefon aber ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte ist, war es der SPD wichtig, dies nur Volljuristen zu gestatten."
Innenausschusschef Heveling (CDU) sieht einen weiteren Mangel des Gesetzes: "Die Forderung, weitergehende Informationen wie etwa Fluchtrouten aus Handys auslesen zu können, ließ sich jetzt leider nicht im Gesetzgebungsverfahren durchsetzen. Da oftmals das Mobiltelefon die einzige Informationsquelle sein dürfte, ist es aber geboten, auch für das weitergehende Auslesen eine gesetzliche Grundlage zu schaffen", fordert Heveling. "Schließlich geht es ja um Personen, die einen Schutzstatus erhalten wollen.
Wenn wir wirklich verhindern wollen, dass wir Opfer von Täuschungen im Asylverfahren werden, dann brauchen wir auch diese erweiterte Möglichkeit." Der Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte (CDU), der schon 2015 im Rechtsausschuss vorgeschlagen hatte, die technischen Möglichkeiten zur Identitätsfeststellung von Migranten ohne Pass auszuschöpfen sagte der "Welt": "Weil immer noch die Mehrzahl der Schutzsuchenden keine Identitätspapiere vorzeigt, müssen viel mehr Handys ausgewertet werden, als es die wenigen Angestellten mit Befähigung zum Richteramt leisten können".
Damit "die Identitätsfeststellung über Handys ein Erfolg wird, müssen entweder mehr Bamf-Mitarbeiter unter Aufsicht eines Volljuristen auf die Geräte zugreifen dürfen oder die Handyauswertung muss voll automatisiert ebenfalls unter Aufsicht eines Volljuristen stattfinden", sagte Hirte der "Welt".
Quelle: dts Nachrichtenagentur