SPD-Generalsekretärin Nahles verlangt von eigener Partei mehr Pflichtbewusstsein
Archivmeldung vom 24.06.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtSPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hat ihre eigene Partei drei Monate vor der Bundestagswahl dazu aufgerufen, mehr Pflichtbewusstsein zu zeigen. Nahles nannte in der "Welt" die Äußerungen von Gertrud Steinbrück, der Ehefrau des SPD-Kanzlerkandidaten, vor einer Woche auf dem SPD-Parteikonvent "ehrlich und preußisch".
Nahles fügte hinzu: "Dieses preußische Pflichtgefühl wünsche ich mir von allen in der Partei. In meinen Worten: Lasst es uns alle volle Pulle durchziehen." Den emotionalen Auftritt von SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück am vergangenen Sonntag nannte Nahles "imponierend". Als Steinbrück die Worte fehlten, habe sie zunächst vermutet, "das Mikrofon sei ausgefallen, da ich ja hinter seinem Rücken saß. Diese Sorge schlug aber in Sekundenbruchteilen um: Peer Steinbrücks Reaktion hat mich ergriffen. Ich kenne ihn lange und gut. Er war immer der Norddeutsche, stark, und kantig. In diesem Moment spürte ich große Nähe zu ihm. Sein Mut, Gefühle offen zuzulassen, imponiert mir."
Mit Blick auf die am vorigen Wochenende öffentlich gewordenen Querelen zwischen Steinbrück und SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte Nahles: "Der öffentliche Dissens hat viele irritiert. Aber die Sache war menschlich - das kommt in den besten Familien vor - und ist nun Vergangenheit. Wir greifen jetzt wieder den politischen Gegner an." Gabriel und Steinbrück hätten "sich nach dem Gewitter ausgesprochen. Damit ist es jetzt aus der Welt."
Nahles begrüßte die Äußerung Steinbrücks, wenn die Bundestagswahl schief gehe, seien "wir alle dran". Nahles sagte: "Peer Steinbrück hat doch Recht. Niemand kann sich aus dieser Kampagne verabschieden. Wir sind alle im Geschirr, um Herbert Wehner zu zitieren." Zu der Frage, ob sie von Steinbrücks öffentlichen Hilferuf vor einer Woche gewusst habe, antwortete Nahles ausweichend. "Ich habe keine Lust auf diese Vergangenheitsbewältigung", sagte sie.
Ähnlich zurückhaltend reagierte Nahles, konfrontiert mit Gerüchten, wonach Ralf Stegner, der schleswig-holsteinische SPD-Chef, nach der Bundestagswahl SPD-Generalsekretär werden will. Auf die Frage, ob sie mit Stegner darüber schon gesprochen habe, sagte Nahles. "Wir sehen uns regelmäßig in unseren Sitzungen." Sie wolle "meinen Job machen und habe wenig Zeit für solche Spekulationen. Ich kämpfe. Auch morgens gegen die Augenringe."
Nahles erteilt großer Koalition klare Absage
SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles hält die Bildung einer Koalition mit der Union nach der Bundestagswahl nicht für möglich. "Die SPD will keine große Koalition. Unsere Absage an die große Koalition wird in der Partei breit getragen", sagte Nahles der Tageszeitung "Die Welt". Sie fügte hinzu: "Wer SPD wählt, entscheidet sich gegen Frau Merkel und nicht für sie. Alles andere ist eine bösartige Unterstellung. Die SPD will Merkels Kanzlerschaft in drei Monaten beenden. Wir wollen den ganzen Regierungswechsel."
Nahles sagte, mancher CDU-Politiker flüstere ihr zu, dass er wieder mit der SPD regieren wolle. "Ich entgegne dann: Ich verstehe, dass Sie die FDP loswerden wollen. Aber uns verbindet mit Frau Merkel nichts. Wir wollen Rot-Grün." Nahles sagte: "Schwarz-Gelb hat abgewirtschaftet. Die FDP ist irreparabel beschädigt, die Union ist ideen- und richtungslos. Da muss etwas Neues kommen."
Nahles attackierte das Regierungsprogramm der CDU/CSU, das heute beschlossen werden soll. "Dieses vage Programm passt zum vagen Regieren der Koalition. Die Union will nichts bewegen, sie will allenfalls Prüfaufträge vergeben und die Menschen hinhalten", sagte Nahles: "Die Bundesregierung duldet Steuerbetrug und will Geld ausgeben, das sie nicht hat. Merkel hatte doch vier Jahre Zeit. Sie verspricht Dinge, an die sie sich am Tag nach der Wahl nicht mehr erinnern wird. So war es schon 2009. Das ist Wahlbetrug mit Ansage." Nahles sagte weiter: "Die CDU verteile zwar Geschenke an wenige, siehe Hotelsteuer und Betreuungsgeld. Aber ansonsten tut sie nichts. Kitas, Schulen und Schwimmbäder verfallen. Straßen, Schienen und Brücken verrotten."
Quelle: dts Nachrichtenagentur