Dieter Kempf definiert "rote Linien" für Jamaika-Bündnis
Archivmeldung vom 16.10.2017
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Freigeschaltet durch André OttDieter Kempf, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), mahnt einen "realistischen und verlässlichen Kurs" bei den Sondierungsgesprächen für ein Regierungsbündnis von CDU, CSU, FDP und Grünen in der Energie- und Klimapolitik an. Die künftigen Koalitionäre müssten eine Reihe "roter Linien" beachten, sagte Kempf dem "Handelsblatt".
Besonders kritisch sieht er die Forderung nach einem raschen Ausstieg aus der Kohle und die Debatte über einen CO2-Mindestpreis im Emissionshandel. "Der sofortige Kohleausstieg ist falsch", sagte Kempf. Es sei belegt, dass ein rasches Ende der Kohlekraftwerke zu einem deutlichen Strompreisanstieg führe. Ein sofortiger Kohleausstieg würde "Wertschöpfung und Emissionen ins Ausland verlagern", warnte Kempf. Das würde dem Standort schaden, dem Klima aber nicht helfen.
Ein rasches Ende für Kohlekraftwerke gehört zu den Kernforderungen der Grünen. Kritisch bewertet BDI-Präsident Kempf die Forderung, Deutschland müsse einen Mindestpreis für CO2 im europäischen Emissionshandel einführen. Ein solcher Schritt hat viele Befürworter, insbesondere bei den Grünen. Kempf kritisierte, nationale Alleingänge in der Energie- und Klimapolitik seien kontraproduktiv, das gelte auch für die Einführung eines CO2-Preises. "Produktion würde ins Ausland verlagert, der Strompreis weiter steigen", warnte er. "Davon profitieren bestenfalls französische Kernkraftwerke", sagte Kempf. Ein dem "Handelsblatt" vorliegendes Gutachten von "frontier economics", angefertigt im Auftrag von RWE, liefert Kempf zusätzliche Argumente.
Nationale oder regionale Mindestpreise im Emissionshandel führten zu Wettbewerbsverzerrungen im europäischen Strommarkt, heißt es in dem Gutachten. "Im Ergebnis steigen die Strompreise mit entsprechenden Verteilungseffekten für die Endverbraucher an. Dies kann zu weiteren indirekten Effekten wie der Abwanderung von energieintensiver Industrie führen", schreiben die Autoren. Außerdem führe ein Mindestpreis zu Ineffizienzen, da teure Vermeidungsoptionen zu früh abgerufen würden. Zusätzlich verschiebe sich die Stromerzeugung tendenziell von Regionen mit CO2-Mindestpreis in Regionen ohne Eingriff in den Emissionshandel. Das führe zu erhöhten Erzeugungskosten durch einen aus gesamteuropäischer Sicht ineffizienten Kraftwerkseinsatz und zu erhöhtem Transportbedarf und damit zu erhöhtem Netzausbaubedarf.
Quelle: dts Nachrichtenagentur