Peer Steinbrück kritisiert Merkel: "Prinzip Glaube, Liebe, Hoffnung"
Archivmeldung vom 16.12.2015
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittPeer Steinbrück, ehemaliger Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat der SPD, übt Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin. Diese folge "dem nicht gering zu schätzenden Prinzip von Glaube, Liebe, Hoffnung", so Steinbrück in einem Beitrag für die Wochenzeitung DIE ZEIT. "Aber eine Antwort zu finden auf die Frage 'Wie schaffen wir das?' - Das ist Politik! Diese Antwort haben wir nicht. Formelkompromisse reichen nicht. Dafür ist die Herausforderung zu gewaltig."
Deutschland stehe "unter dem Druck der Zeitenwende 2014/2015 ein gewaltiger Lernprozess ins Haus", so Steinbrück weiter: "Alternativlos sind nur der Wertekanon und Auftrag des Grundgesetzes. Alles andere darf und muss neu gedacht und gemacht werden können." Es gehe heute mehr denn je "um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland, oder, noch deutlicher: um die Verhinderung einer Radikalisierung nennenswerter Teile unserer Gesellschaft."
Steinbrück warnt zudem vor dem Verlust des Vertrauens "in die Steuerungsfähigkeit der Politik und damit ihre Legitimation. (...) Das Gefühl breitet sich aus, dass die Politik die Kontrolle über den Strom von Asylbewerbern und Flüchtlingen verloren hat", schreibt Steinbrück. Und weiter: "So lange sich aber diejenigen, die praktische Mitmenschlichkeit üben, eher mit den Flüchtlingen solidarisieren, als Verständnis für die Sorgen ihrer Landsleute zu entwickeln, so lange wird die innergesellschaftliche Entfremdung wachsen." Dennoch: "Durch nichts wird die Propaganda des IS, die westliche Welt würde Muslime wie Abschaum behandeln, stärker widerlegt als durch eine menschenwürdige Behandlung der Flüchtlinge."
Der systematischen Hetze im Netz fordert Steinbrück härter entgegenzutreten: "Dabei sollten auch juristische Maßnahmen gegen entsprechende Plattformen und Blogs keineswegs ausgeschlossen werden. Der Staat hat die Pflicht, Flüchtlinge zu schützen und Anschläge auf sie - und damit unsere Rechtsordnung - zu bestrafen."
Steinbrück erklärt seine Verwunderung über "einige Frauen meiner Partei", die "mit großer Verve eine Doppelspitze mit einem männlichen und einer weiblichen Vorsitzenden beantragen, aber zugunsten islamischer Frauen und Mädchen offenbar keine lautstarke Kampagne im Sinne des Art. 3, Absatz 2 Grundgesetz anzuzetteln wissen, der klar sagt: 'Männer und Frauen sind gleichberechtigt'."
Auch gehe es "nicht darum, einen Parteitag zu überzeugen, sondern die Leute! Es nützt nichts, sich auf einem Kirchen- oder Parteitag mit Vorschlägen zum Asylrecht zu übertreffen, wenn einem anschließend die Realitäten um die Ohren fliegen."
Quelle: DIE ZEIT (ots)