Koalition will Bahnnetz nicht verkaufen, sondern fast verschenken
Archivmeldung vom 21.09.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt"Es ist wahr, die Koalition will das Bahnnetz nicht verkaufen, sondern faktisch verschenken", kommentierte Hendrik Auhagen vom Bündnis "Bahn für Alle" die heutige Bundestagsdebatte. "Das Eigentumssicherungsmodell stellt sich immer mehr als Trickbetrug am Volk heraus."
In der
Bundestagsdebatte zum Privatisierungsgesetz hätten die Koalitionspolitiker keinen Vorteil des
Verkaufs für Staat und Bürger genannt, sondern die
tatsächlichen Pläne und Zustände verschleiert. "Die Debatte hat gezeigt, dass es mit der
Bahnprivatisierung nicht darum geht, besseren
Schienenverkehr für Menschen und Güter anzubieten, dass es nicht darum geht, Verkehr von der
Straße auf die Schiene zu verlagern", sagte
Auhagen. "Der Gesetzentwurf gehört in den Reißwolf, um auf den Schreibtischen Platz für neue
Ideen für eine bessere Bahn zu schaffen."
Vor Beginn der Debatte demonstrierten Auhagen und andere Aktvisten aus verschiedenen Gruppen des
Bündnis "Bahn für Alle" vor dem Bundestag. Sie
forderten die Abgeordneten mit Stopp-Schildern auf, den Wahnsinn des Ausverkaufs des
Bahnvermögens zu stoppen und mit Nein zu stimmen.
Zum faktischen Verkauf der Infrastruktur sagte Auhagen, Bahnexperte im globalisierungskritischen
Netzwerk Attac, einem der 13 Träger des Bündnis
"Bahn für Alle": "Kein Mensch glaubt, dass ihm eine Sache gehört, die eine andere Person in der
Tasche hat und für die er Geld zahlen muss."
Genau so verhalte es sich mit dem Netz, das per Gesetz der privatisierten DB AG überlassen werde.
"Die Gewinne aus dem Netz werden dann an die
DB AG gehen. Absurd - das eigene Eigentum wieder in den Besitz des Bundes zu bringen, würde nach
Auskunft von Verkehrsminister Tiefensee 7,5
Milliarden Euro und mehr kosten." Dieser Preis liege zudem über den erwarteten Verkaufseinnahmen.
Die von Tiefensee und anderen Koalitionsrednern gepriesene bessere Kontrolle des Netzes durch das
Privatisierungsgesetz könne auch ohne Verkauf
von Anteilen eingeführt werden.
Die Vorteile einer Bahnprivatisierung für Staat und Bürger habe kein Redner im Bundestag belegen
können. Stattdessen habe Verkehrsminister
Tiefensee gesagt, die DB AG solle als Wettbewerber in den neuen EU-Staaten auftreten. "Davon hat
kein Pendler etwas, der auf seinen Zug wartet,
keine Familie, die ohne Wartezeiten zu den Großeltern fahren will", sagte Auhagen. Die Bahn auf
Privatisierungskurs sei nicht in der Lage, die
meisten Reisenden durchgängig von einem Bahnhof zu ihrem Ziel zu transportieren.
"Die Folgen des Privatisierungskurses der DB AG und der kaum wahr genommenen verkehrspolitischen
Verantwortung des Eigentümers Bund sind schon
heute ausgedünnte Fahrpläne und stillgelegte Strecken", sagte Auhagen "Eine tatsächlich verkaufte
Bahn wird diesen Kurs beschleunigen. Verlierer
sind dann Kunden, Umwelt und Beschäftigte." Zwar seien die Haltestellen des Nahverkehrs gut
erreichbar, doch der Weg von dort zum nächsten
Hauptbahnhof sei oft mühselig und langsam. "Die DB AG hat die Netzgeschwindigkeit durch lange
Wartezeiten wegen schlechter Takte und
vernachlässigter Strecken verlangsamt, um einzelne Verbindungen zwischen Großstädten zu
beschleunigen. 90 Prozent der Fahrten finden im
Nahverkehr statt."
Für die Bestellung des Nahverkehrs im Allgemeinwohl seien zwar die Länder zuständig. "Unter den
Tisch fallen lassen die Hauptredner der
Koalition, dass für allen anderen Schienenverkehr im Allgemeinwohl laut Grundgesetz der Bund
zuständig ist und dass maßgeblich die DB AG mit dem
Netz die Bedingungen und Preise für den Nahverkehr setzt."
Quelle: Pressemitteilung "Bahn für alle"