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Kretschmann warnt vor Kulturkampf gegen das Auto

Archivmeldung vom 10.07.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.07.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Winfried Kretschmann (2021)
Winfried Kretschmann (2021)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) beklagt einen zunehmenden Kulturkampf in der politischen Auseinandersetzung. "Wir laden Sachfragen kulturell viel zu sehr auf", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Das sei "vielleicht eines der größten Probleme" in der Politik.

"Ob wir unsere Wirtschaft und Lebensweise CO2-frei gestalten, ist vor allem eine technische Frage, keine kulturelle. Wenn man sie aber immer kulturell auflädt, wird es gefährlich." Kretschmann ergänzte, zum Beispiel sei das Auto bei den Grünen noch nie sehr beliebt gewesen, weil es CO2 emittiere, Straßen benötige und die Natur beeinträchtige. "Mittlerweile haben wir aber Elektroautos, die kein CO2 ausstoßen. Das ist eine disruptive Entwicklung, auf die man reagieren muss." 

Stattdessen pflegten auch viele Grüne weiter ihr "altes Feindbild". "Da heißt es dann in Parteitagsreden: Fahrt Fahrrad und baut Schienen. Aber damit kann man das Klimaproblem des Individualverkehrs ja nicht lösen, das wird die Menschheit nun mal nicht machen. Die Chinesen werden nicht wieder, wie auf alten Fotos aus Peking zu sehen ist, auf das Fahrrad umsteigen. Nein, die bauen Elektroautos und greifen uns damit an." Einen Kulturkampf gegen das Auto zu führen, sei deshalb "schädlich", sagte Kretschmann. Zur Diskussion über kulturelle Aneignung und Cancel Culture sagte Kretschmann der FAS, die Geschichte der Menschheit sei "ein einziger Prozess der kulturellen Aneignung". 

So hätten die Römer die gesamte Skulpturenkultur von den Griechen übernommen; er selbst sei durch den Jazz groß geworden, den afrikanischstämmige Amerikaner in den USA für Trauerfeiern erfunden hätten, bis die ganze Nation diesen Sound übernommen habe. "Man würde doch auch nicht sagen, dass Kenianer keinen Mozart mehr hören dürfen, und natürlich dürfen sie daraus auch etwas anderes oder neues machen", sagte Kretschmann. Auch habe etwa der französische Jazzpianist Jacques Loussier Bach verjazzt, "eine kulturelle Aneignung". "Kultur verflüssigt sich zwischen den Kulturen. Darin etwas Unerlaubtes zu sehen, ist also eine völlig abwegige These."

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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