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Ärztepräsident kritisiert Triage-Gesetz

Archivmeldung vom 10.11.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.11.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Klaus Reinhardt (2019)
Klaus Reinhardt (2019)

Foto: StagiaireMGIMO
Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Ärztepräsident Klaus Reinhardt hat die von der Ampelkoalition geplante Triage-Regelung zur Verteilung von Intensivbetten bei knappen Behandlungskapazitäten als unzureichend kritisiert. Für die Ärzte sei es unabdingbar, dass sie sich keinen rechtlichen Risiken aussetzten, wenn sie in extrem schwierigen Situationen eine Entscheidung über die Behandlungsreihenfolge träfen, sagte Reinhardt dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".

Deshalb hätte in dem Gesetz neben dem Kriterium der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit der betroffenen Patienten auch die ärztliche Indikation und der Patientenwille verankert werden müssen, so der Ärztepräsident. Das sei aber nicht geschehen. Ohne eine solche Klarstellung werde der Hinweis in der Gesetzesbegründung, dass die Letztverantwortung für die Beurteilung medizinischer Sachverhalte bei den Ärzten liege, "diese eher noch weiter verunsichern".

Vor diesem Hintergrund sei es gut, dass es eine Überprüfung der Triage-Regelungen geben solle, um die Auswirkungen auf die medizinische Praxis zu überprüfen. Kritik kam auch von der für die Behindertenpolitik zuständigen Grünen-Bundestagsabgeordneten Corinna Rüffer. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Triage-Beschluss festgestellt, dass der Staat dazu verpflichtet sei, behinderte Menschen in einem pandemiebedingten Triage-Fall wirksam vor einer Diskriminierung zu schützen: "Das löst der Gesetzentwurf nicht ein", sagte sie. Das im Gesetz gewählte Kriterium der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit wirke "immanent diskriminierend", weil es nicht dazu diene, die schwachen Patienten zu schützen, sondern im Gegenteil darauf gerichtet sei, die "fittesten" zu retten. Rüffer sagte, sie gehe davon aus, dass die Triage-Regelung weit über die Pandemie hinaus eine extreme Relevanz haben werde.

So sei die Versorgungslage im Gesundheitswesen aufgrund der Ökonomisierung bereits heute schwierig. Zudem stehe die Gesellschaft am Beginn einer radikalen demografischen Veränderung. Daher werde es in Zukunft immer mehr alte, behinderte und chronisch kranke Menschen geben. "Gerade in dieser Situation sollten wir uns davor hüten, das `Überleben des Stärkeren` in Gesetzesform zu gießen", sagte die Grünen-Politikerin.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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