Bundesländer fürchten um Nahverkehr
Archivmeldung vom 20.08.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićMehrere Bundesländer befürchten Einschnitte bei den Regionalzügen und S-Bahnen. Der Grund: Die sogenannte Schienenmaut, das ist der Preis für die Benutzung der Bahntrassen, soll 2026 beim Nahverkehr um 23,5 Prozent steigen.
Das sähen Pläne der Schienennetzgesellschaft der Deutschen Bahn (DB)
vor, der DB Infrago, schreibt die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer
Dienstagausgabe. Beim Betrieb der S-Bahnen und Regionalzüge hätte das
bundesweit Mehrkosten zwischen 800 Millionen und einer Milliarde Euro
pro Jahr zur Folge.
In Bayern wäre eine solche Preissteigerung
nach Angaben des Verkehrsministeriums mit den derzeit für den Nahverkehr
vorhandenen Mitteln "nicht zu verkraften". Baden-Württembergs
Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erklärte auf Anfrage der SZ,
"sollte sich das Vorhaben bestätigen, dass die DB Infrago von 2026 an
die Trassenpreise drastisch erhöhen will, dann ergeben sich für den
Nahverkehr auf der Schiene in den Ländern erheblich Probleme". Die
Länder könnten nicht einfach "zusätzliche Trassenkosten übernehmen, um
die mangelhafte Finanzierung der Bahn auszugleichen". Der Bund müsse für
die Mehrkosten aufkommen, erklärte Hermann.
Aus Sicht von
Sachsens Verkehrsministerium wäre die geplante Erhöhung der
Trassenpreise "eine schwere zusätzliche Belastung". Thüringens
Infrastrukturministerin Susanna Karawanskij warnt davor, "dass die
Verkehrswende ausfällt". Trassenpreise müssen alle Firmen zahlen, die
ihre Züge auf dem Schienennetz der DB Infrago fahren lassen.
Das
Problem lässt sich an drei Zahlen festmachen: 23, 15 und zehn Prozent,
jeweils gerundet. So viel mehr sollen die Betreiber von Nahverkehrs-,
Güter- und Fernzügen von 2026 an dafür bezahlen, dass sie die Strecken
und Stationen des Staatskonzerns DB benutzen dürfen. Das hat die neue,
gemeinwohlorientierte DB Infrago nach Informationen der "Süddeutschen
Zeitung" bereits die Branchenverbände und Verkehrsverbünde vertraulich
wissen lassen. Ende der Woche will die Bahn die Zahlen offiziell bekannt
geben. Grund für die geplante Verteuerung der Trassenpreise ist das
Korsett, in das die Bundesregierung die Infrago zwängt. Für die
Sanierung des teilweise maroden Schienennetzes bekommt die Infrago vom
Bund jetzt vor allem Eigenkapital statt Zuschüsse. Das Eigenkapital muss
verzinst werden, später folgen Abschreibungen.
Doch die DB
Infrago muss entsprechende Erlöse erst einmal erwirtschaften. Und das
geht eigentlich nur über die Trassenpreise. "Dass Baumaßnahmen in diesen
Größenordnungen mit Eigenkapital finanziert werden, ist neu und bisher
im System nicht angelegt", sagte Infrago-Vorstandschef Philipp Nagl der
SZ. "Das Trassenpreissystem war im Ursprung auf Baukostenzuschüsse
ausgelegt." Das von Volker Wissing (FDP) geleitete
Bundesverkehrsministerium wendet ein, man senke den Verzinsungsanspruch.
Weil gleichzeitig aber das Eigenkapital deutlich höher ausfällt als
zuerst geplant, hilft das nur bedingt. Und Zuschüsse zu den
Trassenpreisen gibt es nur beim Fern- und Güterverkehr. Beim Nahverkehr
sieht das Bundesverkehrsministerium die Länder gefordert. Da gebe es
noch "Spielräume". Die Regierung schlage einen "völlig falschen Weg"
ein, sagte Martin Burkert, Chef der Bahngewerkschaft EVG und ehedem
SPD-Bundestagsabgeordneter, der SZ. So wie das derzeit in Berlin laufe,
werde das nichts mit der Verkehrswende, kritisierte Burkert.
Quelle: dts Nachrichtenagentur