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Bayerische Sozialdemokraten stellen Führungspersonal infrage

Archivmeldung vom 12.11.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 12.11.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Fragezeichen & Grübeln (Symbolbild)
Fragezeichen & Grübeln (Symbolbild)

Bild: Eigenes Werk /OTT

Führende bayerische Sozialdemokraten haben die SPD-Spitze in Bayern und auf Bundesebene in einem Brief an ihren Landesvorstand infrage gestellt und sich auch für eine personelle Erneuerung ausgesprochen. "Wir werden nicht erfolgreich sein, wenn wir die Inhalte ändern, aber nicht das Personal", heißt es in dem Brief, der am Samstagabend verschickt wurde und über den die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.

Wer an der Spitze der Bayern-SPD und auf Bundesebene stehen solle, müsse offen diskutiert werden. "Erneuerung läuft auch über Gesichter", zitieren die Unterzeichner Juso-Chef Kevin Kühnert. Sie betonen aber auch: "Wir werden nicht erfolgreich sein, wenn wir lediglich das Personal austauschen, aber sonst nichts ändern." Der sechsseitige Brief ist mit "Die Neue Bayern-SPD - ein Thesen und Diskussionspapier" überschrieben und soll einen Denkanstoß für die Erneuerung der Bayern-SPD geben. Insgesamt 29 Vertreter aus Bund, Land und den Kommu nen haben ihn unterzeichnet, darunter prominente SPD-Vertreter wie die ehemalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt, Bundestags- und Landtagsabgeordnete, die Bezirksvorsitzenden von Unterfranken, Schwaben und der Oberpfalz sowie der SPD-Oberbürgermeister von Aschaffenburg, Klaus Herzog. "Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen!", heißt es in dem Brief.

Die Parteiführung aber lasse bisher nicht "den Willen nach einer umfassenden Analyse der Wahlniederlage und einer spürbaren Erneuerung erkennen". Das desaströse Ergebnis der Bayern-SPD von 9,7 Prozent führen die Unterzeichner nicht nur auf den "massiven Gegenwind aus Berlin" zurück, sondern auch auf die Wahlkampfkampagne von Landeschefin Kohnen, die sie stark kritisieren. "Der an zu vielen Stellen inhaltsleere Wahlkampf wurde in eine auf die Person der Spitzenkandidatin konzentrierte Kampagne verpackt", die nicht verfangen habe. Die im Mittelpunkt stehenden Begriffe "Haltung", "Stil" und "Anstand" seien zu "beliebige insetzbaren Schlagworten ohne tiefere inhaltliche Aussage" geworden. Es sei anderen Parteien überlassen worden, die Idee eines besseren Bayern zu präsentieren. Gemeint sind die Grünen, die in Bayern ein Rekordergebnis von 17,6 Prozent einfuhren und viele frühere SPD-Wähler von sich überzeugten. Die Umweltfrage sei eine soziale Frage, die von der SPD im Wahlkampf nicht gestellt worden sei.

Die Unterzeichner grenzen sich von Kohnens "neuem politischen Stil" ab, mit dem sie für sich warb, als sie 2017 zur Landeschefin gewählt wurde. Kohnen kündigte an, nicht auf den politischen Gegner draufzuhauen, sondern sachliche und ruhige Debatten zu führen. Eine offene, zuspitzende und kontroverse Debatte habe im bayerischen Wahlkampf gefehlt, heißt es in dem Brief. Sie sei "keine Schwäche, sondern belebendes Element der Demokratie". Der Landesführung wird zudem vorgeworfen, "einen Teil der Partei auszugrenzen". Das müsse ein Ende haben, heißt es in dem Brief. Unzufrieden zeigen sich die Unterzei chner auch mit Kohnens Leistungen auf Bundesebene, wo sie stellvertretende Vorsitzende ist. Die Bayern-SPD müsse dort "mehr inhaltliche Akzente setzen". Kohnens "wechselnde Haltung" zur Großen Koalition in Berlin sei dabei "wenig förderlich" gewesen. Auch inhaltlich und strukturell fordern die Unterzeichner einen Neuanfang.

Sie plädieren dafür, bei Listenaufstellungen nicht automatisch amtierende Abgeordnete auf aussichtsreiche Plätze zu wählen, wie es bisher gehandhabt wird: "Wir dürfen vor den eigenen Pfründen nicht Halt machen, wenn wir es ernst mit der Erneuerung meinen." Inhaltlich brauche die Bayern-SPD ein klareres Profil. Dazu müsse sie etwa in der Haushaltspolitik ihren bisherigen Standpunkt überdenken. Mit dem "Sparmantra der schwarzen Nullen von CSU und Freien Wählern" müsse Schluss sein. Stattdessen brauche es eine Investitionsoffensive etwa für den öffentlichen Verkehr, Kitas oder die Energiewende. Auf die Frage nach bezahlbarem Wohnraum, den Kohnen in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs stellte, fordern die Unterzeichner "mutigere Antworten" wie eine Bodenreform.

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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